DJ BOARDSTEIN GOES MAXI INTENSE

Ah jo, ich bin grad am Wochenenden und da könnte man vielleicht nochmal kurz da ansetzen, wo ich letztes Mal aufgehört habe. Also, Wee-Man und Nanaqui sind wieder übers Wochenende nach Hause nach Barcelona gefahren, weil da wohl eine Party an ihrem Spotter D.I.Y. Spot ist, also danke, 2x mindestens sieben Stunden Autofahrt für zwei Tage Spaß, ohne mich. Mikey und Kjell sind Richting Belgien abgerückt, Seb ist aus unserer Unterkunft raus zu Lao gezogen, weil deren Unterkunft angeblich zu klein für Miron ist. Totaler Schwachsinn natürlich, der etwas schnöselige Architekt hat bloß keinen Bock, abends Miron dabei zuzugucken, wie er mit verschränkten Armen vor dem Fernseher steht und bei voller Lautstärke DMAX guckt, während in der Bratpfanne irgenwas Fleischiges bruzelt, und damit wahrscheinlich alle Bauarbeiter-Klischees auf einmal erfüllend. Das proletarische Volk soll ja lieber unter sich bleiben, so häng` ich hier mit Miron dieses Wochenende alleine ab, praktisch, wo wir uns sprachlich nicht anständig verständigen können, sagen wir mal, sein Deutsch ist sogar besser als sein Englisch, dafür mein Spanisch genauso schlecht wie mein Französisch. Und ich könnte hier jetzt auch seitenweise über Architekten und so abkotzen, aber dazu ist mir grad meine freie Zeit zu schade, und Lao ist eigentlich ein Guter, nur erfüllt er halt nebenbei auch voll und ganz das ein oder andere Architektenklischee…

Latte das alles, von was ich euch heute kurz erzählen wollte, ist der Tattoo-Termin, den ich am Freitagnachmittag hatte. Irgendwie hatte ich es mir schon öfter vorgenommen, mich mal auf irgendeiner Montage im örtlichen Studio (die gibt`s ja heutzutage fast überall) tätowieren zu lassen, ist aber nie wirklich dazu gekommen, warum weiß ich ehrlich gesagt grad auch nicht. Nun hab` ich hier letztens beim Streetskaten etwas versteckt ein kleines Studio gefunden, das von außen schon mal recht ansprechend aussah – soll heißen etwas trashig spirituell, in diese sauberen gelackten Dinger kriegen mich ohnehin keine zehn Pferde rein, oder wie man sagt, hier wahrscheinlich eher Delphine. Vor allem hatte der Laden sogar geöffnet, wie gesagt, hier ist inzwischen Saisonende und Seignosse entwickelt sich langsam zu einem verlassenen Geisterörtchen.

Zwei Tage später bin ich dann nochmal und rein, Motive, die in Frage kommen, habe ich nach wie vor genug, dazu dann gleich noch. Jedenfalls hängen im Studio prompt an der Decke natürlich erstmal ein paar alte Santa Cruz Skateboards, zufällig auch das Rob Roskopp Model, von dem ich zufällig gerade das T-Shirt anhabe, 30 Jahre alt, danke nochmal an Fischer dafür an dieser Stelle! Da war ich wohl zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle gelandet, wie so oft in letzter Zeit, und Etienne, der Tätowierer stellte sich auch sofort als Freak sondergleichen raus. Wir also für Freitagfeierabend einen Termin abgemacht.

Ich wollte mir jetzt endlich mal den Maximator stechen lassen, bzw. das Maximator Logo, das hatte ich schon lange vor. Was ist der Maximator, fragt ihr euch nun wahrscheinlich. Nun, das ist ein Starkbier aus Holland, das ich bis jetzt nur in Frankreich vorgefunden habe, dafür gibt es das hier fast überall. Das Gesöff hat sage und schreibe 11,6 Prozent, und Mike, der als belgischer Alkoholiker mehr von Bier versteht als viele andere, hat mir mal erklärt, daß man mit normalen Bierbrauen maximal auf eine Prozentstärke von Neunnochwas kommen kann, alles andere ist dann künstlich zugfügter Alkohol, zumeist aus Kartoffeln gebrannt: Soll mir alles recht sein, denn ich bin wahrhaftig kein Biertrinker, geschmacklich nicht unbedingt und ich mag die Breitnis von Bier auch nicht so gerne, a) weil es ewig dauert, bis man mal so breit ist, wie man es vielleicht sein will und dabei dann irgendwann ständig pissen gehen muß, und b) weil es mich irgendwann müde und schwer macht. Ich war seit jeher eher Schnapstrinker und werde das wohl auch bleiben, so lange mir Alkohol noch Spaß macht.

Das Krasse am Maximator ist jetzt, daß die Plörre absolut scheiße schmeckt, aber der Effekt, den man haben will, absolut da ist, und zwar sowas von verläßlich. Kennengelernt habe ich das Zeug vor gut sechs Jahren auf einer der ersten Baustellen, die ich mit Mikey und Concrete Flow gemacht habe, und zwar den riesigen Bowl in Bruay la Buissiere im Norden Frankreichs. Da sind wir übers Wochenende dann immer zu Mikey nach Brüssel gefahren, und weil es gar nicht so einfach bzw. ziemlich teuer ist, guten Schnaps in Frankreich zu kriegen, habe ich dann mal den Maximator ausprobiert. Also Freitags nach Feierabend 2 1/2 Stunden Autofahrt und zwei von diesen Kannen, dazu Radio Nostalgie oder Classic 21, und ich hatte jedesmal einen heiden Spaß. Im Ernst, nach `ner halben Kanne merkt man schon, daß man gesprächiger wird, spätestens nach 1 1/2 halb singt man dann jedes Lied mit, von dem man halbwegs den Text kann, und nach zwei ist man dann in Brüssel und denkt, jetzt Party machen oder gediegen irgendwo auf Mikey`s Couch einschlummern.

Ich habe es inzwischen so oft ausprobiert, es funktioniert immer, nach zwei Dosen Maximator habe ich genau das Level, von dem ich denke, jetzt hab` ich Bock, voll am Feierabendleben teilzunehmen, genau die Breitnis, die man haben will, wenn man Alkohol trinkt, zumindest ich. Das Ganze nach nur zwei Dosen Bier! Ein billiges Vergnügen, aber ich schwör`, das funktioniert bei jeder Tagesform genauso wie andere chemische Drogen, die man z.B. in Pillenform schluckt, du weißt, nach zwei Dosen bist du da und da. Das einzige Problem ist, der dritte Maximator kann dann schon kritisch sein, ich mein`, ich bin ja eh ein bewußter Trinker, indem ich mir regelmäßig zwischendurch Wasser reinziehe und generell ziemlich genau weiß, wann ich wie viel vertrage und wozu ich dann noch in der Lage bin. Nennt es einfach Erfahrung, und daß ich in meinem Leben wahrscheinlich viel zu viel gesoffen habe, weiß ich auch, aber wie gesagt, noch macht Alkohol mir regelmäßig Spaß, gerade eben am Wochenende nach einer harten Woche Arbeit, Männerpension und Stumpfsinn. Im Gegensatz zu vielen kann ich ja auch besoffen skaten, von Schreiben mal ganz abgesehen, das geht besoffen sogar besser…

Zurück zum Maximator, aber eigentlich gibt es dazu auch nicht viel mehr zu erzählen. Ich fand das Logo schon immer geil, gerade auch den Spruch ‚Maxi Intense‘, das ist bei uns auf der Baustelle auch schon so`n Insider ‚Today is Little Friday and I`m gonna get maxi intense…‘. Dazu kommt das Segelschiff, ich bin ja am Meer groß geworden, doch mit Segeln hatte ich nie viel am Hut, ganz im Gegenteil zu meinen Eltern, die früher absolute Segler waren. Somit ist das Segelschiff ein bißchen für meine Eltern, die es irgendwie nie geschafft haben, daß der Funken auf mich oder meinen Bruder überspringt, wahrscheinlich weil sie, als wir dann da waren, mit ihrem Restaurant und Campingplatz keine Zeit und Möglichkeiten mehr dafür hatten, und damit auch ein Stück von sich selbst aufgaben. Ein bißchen ist das Tattoo auch für mein Main Män Asche, mit dem ich einmal in diesem Leben noch einen Segeltörn machen muß, am liebsten auf seiner Betty, wenn sie denn mal see- und segeltüchtig ist, im vielleicht nächsten Jahrhundert.

So hab` ich mir das dann tatsächlich endlich mal Freitag aufs linke Schienbein stechen lassen, und dazu muß ich wohl kurz noch was zu Etienne, dem Tätowierer erzählen, und ich hatte in meinem Leben schon oft mit solchen Vollfreaks zu tun, ich ziehe sie sogar quasi magisch an, was aber auch kein Wunder ist, bin ich doch selber einer von ihnen. Deswegen hatte ich wahrscheinlich auch gleich Etienne`s Respekt, der ja hier größtenteils mit hippen Surfmuschis Business machen und irgendwelche Blumen, Fische oder Wellen tätowieren muß. Nein, bei mir wußte er gleich, woran er ist und wir hätten uns noch viel besser austauschen können, wenn er mir denn auch mal zugehört hätte, was aber nicht ging, weil er unablässig am Sabbeln war. Dafür waren es jedenfalls geile Geschichten, die er zu erzählen hatte, und ich weiß inzwischen, wenn mir Leute sowas erzählen und dabei mit keiner Silbe gelogen haben. Das Leben bringt krasse Charaktere hervor…

Inzwischen 55 Jahre alt war er mit 17 für drei Jahre zur französischen Armee und mit denen u.a. in einigen deren Kolonien unterwegs, mindestens 20 Minuten lang erzählte er mir, wie man am besten Panzer sprengt, ohne dabei selbst gesprengt zu werden. Schon immer Surfer gewesen hat er dann die ganze Welt bereist, in Tahiti das Tätowieren gelernt, und dann damit seinen Lebensunterhalt verdient, und manchmal auch mit Drogen schmuggeln. Skaten hat er 1974 angefangen (sein Vater ist Nordire) und seit 23 Jahren hat er dieses Tattoostudio, was es zu einem der ältesten in Frankreich macht. Trotzdem lehnt er jede Interviewanfrage von einschlägigen Tattoomagazinen ab, weil er mit dem ganzen Scheiß nichts zu tun haben will, ebensowenig mit der lokalen Szene. Surfen und skaten hat er leider aufgeben müssen, weil die Knochen nicht mehr mitmachen und er sich voll aufs Tätowieren konzentrieren muß, und seit fünf Jahren ist er auch trocken. Denn bei einem Unfall auf einer Werft verlor er nicht nur sein Segelboot und mehr oder weniger alles, was er besaß, sondern auch das anschließende Gerichtsverfahren gegen eine eingeschworene Gemeinde von Freimaurern. Und jetzt arbeitet und spart er kräftig, um sich bald wieder ein neues Boot kaufen zu können, maßgeschneidert von einem befreundeten Schiffsbauer.

Wie gesagt, daß der Typ keinen Scheiß erzählt, merkte ich sofort, als ich in dieses Studio reinkam, ich durfte dann auch schön beim Tätowieren Joints rauchen, während ich ihm bei seinen Geschichten zuhörte. Und er versteht sein Handwerk auf jeden Fall, man könnte auch sagen, er hat Erfahrung, und ich ließ ihn dann auch einfach machen, als er meinte, er würde gerne noch ein bißchen grüne Schattierungen machen, und da dann noch ein bißchen Gelb rein für den Aluminiumeffekt (ich wollte eigentlich nur das Schiff und die Schriftzüge haben, aber wie Tätowierer halt so sind). Alter, alleine über die Farben hat er mir einen Vortrag gehalten und ich kann jetzt wohl stolz behaupten, Cardinal Red in mir zu tragen, und zwar das einzig echte, wo das Fläschen 200,- Euro kostet, wenn man denn überhaupt noch rankommt. Farben werden wohl mit dem Alter auch besser, wußte ich auch noch nicht…

Egal, es waren lustige zwei Stunden mit Etienne in seinem Studio, und für 100,- Euro bin ich mit dem Tattoo mehr als zufrienden, ich bin regelrecht gestoked, weil ich ja sonst mehr so der Klo-Graffiti-Typ bin. Er hat dann auch nebenbei mein ‚Skateboarding ruined/saved/ruined my life‘ nochmal verbessert, das letzte ‚Ruined‘, das ich mir in Grün mal selbst gestochen hatte, war kaum mehr zu lesen. Letztendlich ein super Deal und eine WinWin-Situation in Sachen zwischenmenschlicher Energien. Cool, daß ich es endlich mal durchgezogen habe, mich auf Montage in Frankreich tätowieren zu lassen, und der Maximator ging eigentlich nur hier, irgendwowiewann nach der Arbeit. Es gibt übrigens von Amsterdam auch noch die roten Dosen, den Navigator, der hat aber nur 9,5% und ich sage, laßt da bloß die Fingers von!

Ihr seht schon, erwachsen werden die anderen, ganz sicher nicht ich, aber was soll`s? ‚Erwachsen‘ ist eh so `ne Studentenvokabel und das Leben macht Spaß, so wie es ist, das sollte dieser Blog wohl halbwegs verdeutlichen. Und wenn ich dann nebenbei mal im Fernsehen zum Beispiel die Riots aus Barcelona sehe, wo ich ja erst vor drei Wochen gewesen bin, oder das Drama in Nordsyrien, denke ich mir, ich bin ganz gut aufgehoben da, wo ich gerade bin und mit dem, was ich mache. Es geht dann wie gesagt Freitag für mich eine Woche in die Heimat, somit ist das hier wohl der letzte Blog-Eintrag aus Seignosse im lieblichen französischen Baskenland, aber sechs Wochen reichen dann auch für Erste.

Uuuund apropos Heimat und zu Hause: Letztens waren wir mal wieder im Outletland in Hossegor, da gibt es ganz viele Outlet-Läden, wo man sich ganz hervorragend und billig mit zum Beispiel Carhartt und Dickies (Arbeits-)Klamotten eindecken kann, je nach Belieben auch noch mit einer Menge Fashionscheiß mehr. Es gibt da auch einen Skateshop mit Indoor-Bowl – siehe auch letzter Blogeintrag – ich bin meiner eigenen Zeit gerade etwas hinterher. Jedenfalls fiel mir in dem Laden letztens erst beim zweiten Blick dieses sprichwörtlich geile Board an einem Pfeiler auf, ein Al Partanen Creature Board mit einer gemalten Frau, die sich gerade ihr Oberteil auszieht und darunter ein Paar geile halbwegs in BH verhüllte Tittchen freigibt. Das kenne ich doch genau so von zu Hause bzw. aus Hamburg und die Ähnlichkeit ist einfach verblüffend. Und dieser Moment, wenn eine Frau auf diese Weise von selbst ihren Körper entblößt, ist für Männer ganz großartig, hört ihr, liebe Leserinnen!? Das Ganze dann noch in meiner Lieblingsfarbe Lila mit diesem Spitzenspruch ‚A gentleman is simply a patient wulf‘, alles als Pro-Board von Al Partanen, den ich vor knapp zehn Jahren in Costa Rica mal kennen- und schätzen gelernt habe. Ich hatte mich auf der Rückfahrt echt geärgert, daß ich das Board nicht gekauft habe, und am nächsten Tag, als Seb fragte, ob irgendwer was vom Supermarkt brauchte, drückte ich ihm 70,- Euro in die Hand und bat ihn, kurz beim Shop rumzufahren und mir das Board mitzunehmen. Das wird ab jetzt immer irgendwie zu Hause in Schlafzimmernähe bei mir hängen, ich liebe auf Skateboards gedruckte Kunst, vor allem, wenn sie derart sexy ist.

Bestätigt vielleicht auch nochmal die Thesen vom letzten Mal, man wird auf`m Bau auf jeden Fall nicht schlau(er) und stumpft in vielerlei Hinsicht ganz schön ab. Mangelnder Kontakt zum weiblichen Geschlecht an allen Fronten sind nur ein Ursache davon, ständiges Umgeben mit Mackern wie mir ein anderes. Samenüberdruck (kurz SÜD genannt) ist uns jedenfalls allen kein Fremdwort, Kunst aber auch nicht, schließlich bauen wir kunstvolle Skateparks, zumindest gerade hier in Seignosse…

Wir hören dann nächstes Mal aus dem heimatlichen Norden, gell!?
Aaaarrrroooooooooooo,
Arne (Samstagabend nach zweieinhalb Maximatoren)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert