DJ BOARDSTEIN GOES DÄNISCHE KARIBIK

Aloha und ahoi zusammen!

Ich hoffe doch sehr, ihr seid nicht so blöd, diesen schönen Sommer vor`m Bildschirm zu verbringen! Na gut, Ausnahmen sind natürlich genehmigt, kann ich mich ja auch nicht ganz von frei machen, u.a. um bei schönsten Wetter vor der Glotze zu sitzen und diesen Scheiß hier für Sie und Euch zu produzieren, wie blöd kann man eigentlich sein? Okay, ich sitze tatsächlich draußen im Schatten mit meinem Laptop, und zwar an einem Ort, an den ich wahrscheinlich nur einmal im Leben kommen werde (würde mir auch reichen). Und zwar quasi im Pfauenhof, das ist eine kleine Pension in Utermallebarn nahe Hollabrunn in Niederösterreich, beschaulichste Hinterwäldler-Provinz kann ich nur sagen, völlig wertfrei, oder auch nicht. Ja, ich bin hier kurz für eine Woche zum Betonieren, Sonntagabend angereist und morgen geht es schon wieder nach Hamburg und dann Hause, aber darum soll es heute gar nicht groß gehen, das beweist einfach nur einmal mehr, daß mein Leben gerade im Sommer zuweilen durchaus auch mal hektisch sein kann. Doch das bin ich gewohnt und anders will es auch gar nicht haben, glaubt mir, ich nehm` mir meine Auszeiten, wenn`s nötig ist! Und genau damit kommen wir vielleicht zu dem, von dem ich heute eigentlich berichten will, und ich hatte das – wie diesen Österreich-Kurztrip ja auch – schon mal angekündigt, also, tata tata, alle Mann an Deck, ups, Menschen auch, äh, Frauen, und mit alle Tiere sowieso und zu erst: Ich war tatsächlich zum allerersten Mal in meinen Leben richtig segeln, scheiß` die Wand an! Wie es dazu kam, wie das so ablief und wie ich das verkraftet habe, will ich dann jetzt mal kurz(?) erzählen…

Also daß meine Eltern ihr Leben lang SeglerInnen waren, hab` ich auf diesem Blog, glaub` ich, schon öfter mal erwähnt, Herrchen lebt ja noch und ist somit quasi immer noch Segler, wenn auch als halbwegs pensioniert anzusehen, wie er selber zugeben wird. Aber ihr solltet sein Haus mal sehen, mehr Buddelschiffe und Co.KG gehen nicht auf so viel Quadratmeter! Meine Mutter ist mehr oder weniger ebenso mit dem Segeln groß geworden, das ist hier im Norden ja auch nicht so unüblich, das Ding ist nur, daß ich und mein Bruder Karsten, von hier aus nur noch Kaddi genannt, nie von diesem Virus erfaßt worden sind. Und wir können wirklich behaupten, am Strand aufgewachsen zu sein, hab` ich ja auch schon oft genug von erzählt. Ich bin im Gegensatz zu Kaddi ja auch voll die Wasserratte und super gerne in diesem Element, aber nee, ins Segeln sind wir beider irgendwie nie rein gekommen, wir haben es nicht mal ansatzweise versucht.

Herrchen hat alles im Griff…
Mein Bruder Kaddi

Dabei hatten meine Eltern uns sogar im frühen Alter einen Opti besorgt, das ist kurz für Optimist, und das ist so in etwa DAS Segelboot für Anfänger zum Lernen. Aber da wollte ich im Gegensatz zu Kaddi noch nicht einmal bei der allerersten Probefahrt mit rein und später hab` ich das Teil auch immer nur zum Baden mitgenommen, am liebsten ganz blasphemisch umgedreht als Badeinsel. Jedenfalls hab` ich nicht einmal damit Segel gehisst und das an sich bis eben vor Kurzem auch eigentlich nie im Leben gemacht. Boote und Schiffe waren in meinem Leben allgegenwärtig, aber das erste Mal wirklich gesegelt bin ich, als wir vor 18 Jahren die Urne meiner Mutter ein paar hundert Meter vor unserem Strand in Dollerupholz für die Ewigkeit ins Wasser entlassen haben. Und das war eigentlich auch das letzte Mal, damals im engsten Kreis der Familie mit einem alten Traditionssegler, ganz so, wie Frauchen es gewollt hatte…

Spulen wir mal Tränen beiseite und ein bißchen vor ins Hier und Heute, da hab` ich immer noch sowas wie einen besten Freund, der mir auf gewisse Weise sehr sehr ähnlich ist, aber schon immer ein komplett anderes Leben geführt hat, anders verrückt auf jeden Fall, aber genau wie ich einen kurvigen Weg gegangen. Seelenverwandtschaft und Blutsbrüderschaft in Vollkommenheit, der eine beste Freund eben, den man schon seit wenigstens einem Paar Jahrzehnten hat. Bei mir ist das Asche und wir beide haben viel hinter uns und heutzutage jeder auf seine Art unseren inneren Frieden gefunden. Asche ist mein Main Män, diesen Begriff habe ich eigentlich auch erst für ihn erfunden, und Asche ist ganz im Gegensatz zu mir ein waschechter Seeman. Und ich erinnere mich sehr gut, wie er um die Jahrtausendwende für kurze Zeit auf einem Traditionssegler namens Albin Köbis angeheuert hatte und immer davon schwärmte, daß das genau so ein Schiff sei, welches er gerne mal sein eigen nennen würde. Da spulst du nochmal 20 Jahre vor jetzt!

Die Albin Köbis im Flensburger Museumshafen

Und zwar kann Asche seit knapp einem Jahr nicht nur so ein Schiff sein eigen nennen, sondern genau dieses, die Albin Köbis, denn alte Liebe rostet nicht und Holzschiffe sowieso nicht, nur innen manchmal ein bißchen, und sowieso. Alter, Asche ist Käptn auf der Albin Köbis, seinem eigenen Schiff, ich muß es mir manchmal einfach auf der Zunge zergehen lassen. Albin Köbis war übrigens mitverantwortlich für den Matrosenaufstand 1917 und Asche schifft am liebsten halt auch in roten Gewässern, wie sich das gehört. Ja, und um damit vielleicht auch nochmal kurz das Wort Traditionssegler zu erklären, obwohl sich das eigentlich ja auch von alleine erklären könnte. Das sind halt alte Segelschiffe, in der Regel aus Holz, die wie alte Autos unter leider viel zu vielen unnötigen Regeln und Bestimmungen genutzt und am Leben erhalten werden dürfen, und wenn ich es richtig behalten habe, gibbet in Deutschland in etwa noch so 150, davon in der Größe der Albin Köbis oder größer circa ein Drittel.

So, Asche hat nun dieses Boot, unser Herrchen wird jetzt im August 80, ich war noch nie richtig segeln… zählst du drei und vier zusammen und schlägst sechs Fliegen mit acht Klappen! Somit war bereits Anfang des Jahres ein Fiehl`scher Sechstages-Törn gebucht und wir quasi mit die ersten Kunden von Asche, es soll ja am besten immer alles in der Familie bleiben! Jetzt brauchten wir nur noch eine Crew, und dazu muß ich wohl auch nochmal kurz ausholen, denn letztendlich stand die Crew von vorne rein fest. Daß Kaddi mitkommen würde, war klar, der war im Gegensatz zu mir sogar noch vor Frauchen`s Tod einmal mit Eltern und ein paar Freunden der Familie segeln, ein paar davon sollten auch diesmal wieder dabei sein. Denn Herrchen hat außer zwei Söhnen auch noch ein paar verdammt gute Freunde, ein paar der ältesten seiner Welt, die zum Beispiel da wären Hans-Jürgen und Michael Rübcke. Und ja, wem es bei dem Nachnamen klingeln mag – auch alles schon mal irgendwo geschrieben – der ältere Hans-Jürgen ist der Vater von meinem Freund Jonn Rübcke, mit dem ich u.a. das I-Punkt Buch zusammen gemacht habe.

Die beiden kennen meinen Vater seit ziemlich genau einem Dreivierteljahrhundert und haben somit quasi ihr ganzes Leben lang, nicht miteinander, aber doch zusammen nebeneinander verbracht und viel in Freundschaft durchgemacht, nicht zuletzt sind sie allesamt inzwischen Witwer, Hans mein Jürgen, wie ihn meine Mutter gerne genannt hat, leider sogar schon zum zweiten Mal. Die drei haben letztes Jahr auch Weihnachten zusammen verbracht und als mein Vater mir erzählte, daß sie bis halb Vier morgens gesabbelt und geredet haben, mußte ich mir wirklich die Tränen zurückhalten. Denn ich weiß schon jetzt ganz genau, ich werde niemals so alte Freunde haben, ähnlich gute vielleicht, aber so alt geht schon rein rechnerisch nicht auf. Asche, einer meiner ältesten Freunde zum Beispiel, kenne ich mal ganz knapp 30 Jahre lang, und ich bin schon 45 und werde ganz sicher keine 80 wie Herrchen und die Boys. Was soll ich groß sagen, ich feier` das alles komplett ab und freute mich riesig, daß das so eine Männertour ohne Weiber werden sollte. Wobei da 20 Jahre vorher nur super Weiber mit im Spiel gewesen wären, die jederzeit mit an Bord gedurft hätten, Ute, Frauchen, Ulla, Vera… das Leben ist manchmal einfach nur zum Heulen…

Asche, Michael, Kaddi und Mario, Hans-Jürgen, Joschi, Herrchen und mich

Relativ schnell mit an Bord holen konnten wir dann auch noch den Dienstältesten, nämlich Joschi Koletschke, das war damals der Nachbar meiner Eltern in Berlin-Wedding während ihrer Zeit dort, Kaddi und ich sind während dieser Zeit da geboren worden und kennen Joschi ebenso wie Michael und Hans-Jürgen somit eben nun mal schon unser Leben lang und umgekehrt. Und bei Thema umgekehrt wäre ich manchmal gerne umgekehrt, denn die alle haben mich und meinen Bruder schließlich von Anfang an aufwachsen und erwachsen werden sehen, das ist schon anders als anders herum und etwas ganz besonderes, gerade weil Kaddi und ich so ganz besonders verschieden sind. Joschi ist also auch einfach Familie, dafür muß mensch bekanntlich nicht immer blutsverwandt sein…

Es ist vermutlich überflüssig zu sagen, daß alle diese vier außerordentliche Segler-Wurzeln haben, genau diese gemeinsame Leidenschaft hat mit Sicherheit auch dazu beigetragen, diese Freundschaften jahrzehntelang zu erhalten. Leider kniff dann unser Freund Hennes aus Herne-Wanne, mit dem die Crew wirklich bis aufs Feinste besetzt gewesen wäre, vor allem weil Hennes genauso gut im Sprüche klopfen ist wie Joschi, nur nicht mit Berliner Schnauze, sondern mit feinstem Ruhrgebiet-Schnauzer. Relativ kurzfristig sprang dann aber noch Mario ein bzw. mit an Bord, ein ganz alter Freund von Michael, den ich tatsächlich noch gar nicht kannte, aber sogleich ins Herz schließen konnte, weil der nämlich mit einem herzensguten Charakter mindestens genauso am Sprüche klopfen ist wie Hennes, es ist ja auch besser, im Stehen einen sitzen zu haben als im Sitzen einen stehen…

Was soll ich sagen, eine bessere Crew hätte ich mir für meinen ersten Segeltörn nicht wünschen können und mit Käptn Asche zusammen muß das Durchschnittsalter letztendlich irgendwie bei 70 gelegen haben. Vielleicht erzählen wir kurz nochmal was zur Reiseroute, denn die gab es in dieser Form nur in etwa, wie das beim Segeln im Idealfall der Fall ist, denn es hängt ja nun mal alles auch ein kleines dolles bißchen von Wind und Wetter ab. Aber sagen wir mal so, wenn als Heimathafen und somit Startpunkt Museumshafen Flensburg angesetzt ist, gibt es schon mal mit einem gemächlichen Schiff wie Albin (knapp 7 Knoten Spitzengeschwindigkeit, wenn ich richtig zugehört habe) nicht allzu viele Möglichkeiten, und das muß es auch gar nicht. Mensch muß halt immer erstmal aus der Flensburger Förde raus, was mit Holnis Spitze eben schon mal fast eine Tagesreise ist, aber dann liegt einem das zu Füßen, was sich die Dänische Karibik oder auch Reviera nennt. Das ist ein beschauliches, aber überschaubares Paradies aus unzähligen kleinen Buchten, Fjords und Inseln im Süden Dänemarks gegenüber der schleswig-holsteinischen Küste. Und diese mit eingeschlossen gehört das Ganze mit Sicherheit zu den schönsten und schnuckeligsten Segelrevieren auf der ganzen Erde, und wir waren somit Anfang Juni – voll in der Hauptsaison also – auch nicht alleine auf dem Wasser.

In der Dänischen Karibik ist man selten allein…

Bei letztendlich bestem Segelwetter ließen wir uns also quasi vom Wind treiben – das nennt man, glaub` ich, segeln – und ja, das war super schön und hat richtig Spaß gemacht. Ab und zu muß du auf so einem Traditionssegler halt mit anpacken und eben Segel hissen, oder einholen oder eine Wende halsen und so, aber im Großen und Ganzen kann man schon reichlich chillen an Deck und die Seele baumeln lassen, und ich weiß, daß genau das ein wesentlicher Aspekt ist, warum SeglerInnen halt süchtig nach Segeln sind. Ich mein`, es ist natürlich gerade bei uns da oben super, daß oft Land in der Nähe ist und mensch was zu gucken hat, vor allem auch eben mal aus einer ganz anderen Perspektive, als mensch sie als Einheimischer gewohnt ist. Aber selbst wenn da nur der Horizont ist, sieht die See immer anders aus und mensch nimmt da draußen natürlich auch das Wetter ganz anders war, Segeln ist einfach eine Welt für sich, eine Welt auf dem Wasser, wo Menschen eigentlich nicht hin gehören.

Und, ja, Landratten wie ich dann vielleicht auch nicht so richtig, aber ich konnte dem Ganzen schnell eine gewisse Faszination abgewinnen, ist mir ja auch irgendwie in die Wiege gelegt worden. Denn wenn man die ganzen Begriffe und Bewegungen mal halbwegs verinnerlicht hat, kann man auch anfangen, Befehle entsprechend zügig und mehr oder weniger gekonnt auszuführen, und dann rollt der Rubel, ähh, schwimmt das Boot, also segelt. Ja, I totally like, und mein Argument, daß einem vielleicht auch schnell langweilig werden könnte, wird natürlich dann zunichte gemacht, wenn mensch mal bei richtig Wind segelt, und vielleicht mit einem kleineren Boot, ohne Land in Sicht, dann kann nämlich auch mehr Action und Adrenalin aufkommen, als dir lieb sein mag. Also ich mag`s ja grundsätzlich immer, wenn`s ein bißchen schaukelt…

Und um das mit der Reiseroute vielleicht nochmal zu verkompletttieren: Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an Bord, äh, nee, wir lagen vor Abfahrt Goslar und hatten ein fest im Ford, nein, auch nicht, alles Klischees… Wir stachen Freitagabend gegen 19.00 Uhr von Flensburg aus in See und tuckerten, also unter Motor oder wie das heißt, bis vor Wassersleben, von da aus kann man ganz hervorragend die deutsch/dänische Grenze sehen, die aus einer kleinen Au mit Brücke drüber besteht. Viel eindrucksvoller ist allerdings, daß mensch vorher an der ehrwürdigen Flensburger Marineschule bzw. dem, was von diesem ehemaligen Stützpunkt noch übrig ist, vorbeischwimmt oder -tuckert. Dort wurde nämlich am 8. Mai 1945 von Hitler`s letztem Nachfolger Großadmiral Dönitz die deutsche Kapitulation unterschrieben und damit der Zweite Weltkrieg beendet.

Die Marineschule Flensburg

Irgendwie schon ein voll geschichtsträchtiges Ereignis, oder!? Dort lagen wir dann die erste Nacht nicht gerade auf Rede, aber vor Anker und du liegst dann da in deiner Koje und denkst, das Ganze ist mal gerade 75 Jahre her, solange wie sich dein Vater und die Jungs kennen, unglaublich eigentlich alles, was für ein toller, friedlicher und besonderer Ort diese Flensburger Förde… Und wie kuschelig gemütlich die Kojen auf so einem alten Schiffchen sind, brauch` ich euch ja wohl gar nicht erst zu erzählen, geradezu hyggellig, wie der Däne sagt, oder die Dänin. Hyggellig bedeutet quasi gemütlich, hauptsache du glaubst nicht, du gehörst zu denen, denen Dänen alles durchgehen lassen!

Herrchen und Hans-Jürgen legen ab…
Die Flensburger Werft und das Ostseebad
Wassersleben links im Bild und rechts daneben die deutsch/dänische Grenze

Am nächsten Morgen (spätestens um sieben Uhr immer alle zum Schwanz messen an Deck!) stand der Wind gut, um wie geplant nach Sonderborg zu schippern, das ist die kleine Stadt, deren “Skyline“ ich als Kind und Jugendlicher von unserem Strand in Habernis aus immer am anderen Ufer sehen konnte, bei guter Sicht konnte mensch mit dem Fernglas sogar die alten Kanonen vor`m Schloß an der Hafeneinfahrt erkennen. Die Dänen und -Innen haben ja sogar noch `ne Königin, Magarete heißt die, und die sollte doch tatsächlich am nächsten Morgen vor Ort eingeflogen werden, unser Staatspräsident, alte Hütte Steinmeier, wollte auch kommen. Deswegen konnten wir nicht da anlegen, wo wir eigentlich wollten und mußten hinter der Brücke zur Reihe kommen, ach nee, nördlich heißt das ja auf dem Wasser.

 

Das erste Mal Segel hissen…
Die Ochseninseln…
Glücksburg Strand, der Skatepark ist 2km im Landesinneren
Noch Land in Sicht…
Solche Schiffe wollen wir hier eigentlich nicht haben.
Sonderborg Hafen
Anlegen in Sonderborg, ahnt ihr den Spot im Hintergrund!?

Egal, als die kamen, waren wir schon lange wieder weg, aber erstmal mußten wir ja ankommen, und dazu sei zu sagen, daß ich früher als Kind und so mindestens zwei-, dreimal im Jahr in Sonderborg gewesen bin, einfach weil es damals noch in unserem Nachbardorf eine ganzjährige Schiffsverbindung dahin gab. Aber das letzte Mal war ich vor mindestens über zehn Jahren nur in der Skatehalle dort, am Hafen oder in der Innenstadt war ich mindestens zwei Jahrzehnte nicht gewesen. Dementsprechend flashte ich mich bei einem Spaziergang mit Board auf der Suche nach Spots reichlich back, Sonderborg hatte sich sichtlich verändert und modernisiert, aber die guten alten Erinnerungen an eine tolle Kindheit waren geblieben. Ich konnte dann übrigens tatsächlich direkt an unserer Anlegestelle auch den ersten Trick für meinen nächsten Videopart filmen, kein Witz!

Wichtig beim Segeln ist dann noch außer regelmäßig Landgang, vor allem wenn man mit so gestandenen Herren unterwegs ist, immer(!) mindestens einen Anlegechnaps zu trinken, und spätestens morgens um Elf einen Ablegeschnaps, und wir hatten wirklich ein paar edle Tröpfchen mit an Bord, die immer nach brüderlichem Ritual miteinander geteilt wurden. Ratet mal, warum eine Crew durchaus meutern darf, wenn kein Rum mehr an Bord ist, das ist nun wirklich seit Jahrhunderten so und Tradition, Langweile und Durst darf zwischen den Wellen auf gar keinen Fall aufkommen. Deswegen gibt es auch das sogenannte Seemansgarn – auf Neudeutsch Sprüche klopfen – welches jeder an Bord irgendwie drauf haben muß, vor allem weil die Weiber ja endlich mal nicht dabei sind…

Nee, nee, wir ham das wirklich durchweg gut gehabt, wir acht Hübschen, Asche hat seinen Job auch ganz hervorragend gemacht und ist der perfekte Käptn für diese Art von Boot, alles andere wäre auch komisch. Bei einer derart und nahezu vergreisten Crew inklusive einem Gehbehinderten und zwei nicht mal Leichtmatrosen, muß man schon Geduld und Führungsqualitäten an den Tag legen, denn bei Segeln muß es dann eben manchmal doch durchaus auch schnell und zügig zur Sache gehen, ebenso wie es immer jederzeit auf einmal auch total gefährlich werden kann. Bei Mensch gegen Natur und Elemente ziehst du mit Sicherheit immer den Kürzeren oder die Kürzere, wie hättet ihr es gerne, Ladies!? Mit ‚y‘!? Ladys!?…

Leuchtturm Kalkgrund
Auf “hoher“ See…

Zurück zum Wesentlichen, also ab an Deck (auch geil, an Deck, nicht aufs Deck!)… Als Dänemarks einziger Starfighter (gekauft vom bösen Nachbarn) gegen Mittag über Sonderborg Magarete begrüßte, hatten wir längst schon wieder gehisst gen Süden Richtung Massholm, das liegt an der Schleimünde, und die Schlei ist der einzige Fjord Deutschlands. Ja, nach all dem Patridiotismus wollten wir wieder zurück ins Heimatland, soll heißen, die Winde standen günstig und alle waren begeistert, weil Maasholm (jahrhundertelang auch dänisch gewesen) ist eben auch sehr hyggellig… Zurück zur Natur wie immer und Schweinswale gehörten sowieso schon zu unseren ständigen Begleitern, hier gesellte sich nun auch mal ein Seeadler dazu, wie schon erwähnt, die Dänische Karibik ist ein traumhaftes Segelrevier und ein kleines Paradies für sich, deswegen wohnt es sich da ja auch so gut. Kaddi ist dann ja auch noch Ornithologe und wenn man dann mal zuhört, was er alles so sabbelt – und er sabbelt ganz im Gegensatz zu mir tatsächlich echt `ne Menge, ich schreib` halt wie ein Blöder – kann man dann auch noch was über die lieben Tiere lernen, mit denen mensch sich unser Paradies da oben teilt.

Seeadler
Schweinswale
Baum
Schleimünde
Maasholm
Albin in Maasholm

Von Maasholm ging es dann weiter nach Faaborg, dahin gab es vor langer Zeit aus unserer Nachbarschaft auch mal eine Schiffsverbindung, mit einer für Angeliter Verhältnisse relativ großen Autofähre sogar. Egal, ist lange her und Faaborg geht letztendlich auch als Stadt durch, ist aber auch einfach nur hyggellig, was auch so viel heißt wie ‚altes kleines dänisches Fischerörtchen‘. Die Landschaft und alles, sogar die Menschen, sind einfach nur zum lieb haben, nur dürfen wir auch nicht vergessen, daß einem in Dänemark als erstes auffällt, daß es im Gegensatz zu seinem südlichen Nachbarland, also uns, deutlich noch sauberer und aufgeräumter aussieht und der Däne an sich, und gerne auch die ein oder andere Dänin, tatsächlich ein durchaus arisches Sauberkeitsgefühl an den Tag legt. Und wenn ich hier schon mit gefährlichem (Halb-)Wissen um ich werfe, aber sollte die deutsch/dänische Grenzregion aufgrund ihrer Harmonigkeit nicht tatsächlich ins Weltkulturerbe aufgenommen werden!? Ich schnapp` ja so einiges auf und manchmal über, aber nicht alle Dänen sind koscher, und du glaubst wohl, du gehörst zu Dänen, denen ich das durchgehen lasse….

Joschi hisst den Dannebroken als Gastfahne, gehört sich wohl so.
Faaborg = hyggellig

Fakt ist, daß mein Vater – Fachmann vom Fach – beim Entern des Faaborger Hafens direkt gegenüber von dem Kai, an wir festmachen wollten, die De To Sastre erkannte, das Schiff, mit dem wir damals meine Mutter zu Grabe getragen haben. Die dänische Karibik ist zwar relativ überschaubar, aber wer jetzt und an dieser Stelle noch an Zufälle glaubt, hat so rein gar nichts verstanden. Frauchen war da, wollte bei uns sein und uns eine gute Reise wünschen, Bergfest, wenn du so willst. Ich konnte dementsprechend an Land auch noch zwei Tricks filmen, einen davon an einem wirklich sehr speziellen Spot, aber von Arne Fiehl vom BOARDSTEIN habt ihr vermutlich erstmal alle die Schnauze voll gerade… Frauchen aber nicht…

Albin und eine alte Bekannte, die De To Sastre
Familie Graugans

Am nächsten Tag sollte es nach Mastal, dem östlichsten Fleckchen der Insel Aero, gehen und das erste Mal erlebten wir sowas wie eine Flaute, jedenfalls bewegte sich drei Stunden lang nicht viel bzw. alles irgendwie extrem langsam, was auch an der brütenden Hitze gelegen haben muß, ganz klar. Mentale Lethargie und Skorbut waren nicht weit entfernt, aber ich schaffte es, innerhalb von fünf Tagen mein zweites Buch zu Ende zu lesen, gut, das erste war mehr nur so`n Essay. Jedenfalls kamen wir dann recht spät im Mastal an und während alle anderen schon mal dort gewesen waren, konnte ich mich zum ersten Mal von der durchgehenden Hyggelligkeit dieses kleinen Örtchens überzeugen, war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen.

Hier wird wieder irgendwas gehisst…
Strömungskante vor Aero
Mario versucht sich am Hochseeangeln…
So lagen wir in Mastal…
Geile Karre
Streetart auf Dänisch
TRA-GÖ-DI-E
Abendstimmung in Mastal

Spätestens an diesem Abend wurde mir auch bewußt, wie selten und wenig ich letztendlich bis dahin von Asches Seemanngarn gehört hatte, denn wir haben uns in den letzten 20 Jahren auch nicht zu viel gesehen und wenn dann reden wir eigentlich nur selten übers Segeln, weil ich da eben nicht wirklich mitreden kann. Aber Herrchen und die Jungs waren als eingeschweißte Leicht- bis Schwermatrosen natürlich redlich interessiert, was Asche denn schon alles so zur See erlebt hatte, gerade als Schiffseigner, denn vor der Albin Köbis hat er auch schon ein paar ereignisreiche Jahre das Lustschiff Betty durchgefüttert. Aber das ist eine andere Geschichte, eine von vielen bei Asche, in derlei Dingen sind wir uns halt wirklich sehr ähnlich…

Asche macht das Toppsegel klar.

Am vorletzten Tag ging es dann natürlich wieder in westliche Richtung der Flensburger Förde entgegen und Plan war eigentlich, in Gelting Mole zu übernachten – da von wo früher die Fähre nach Faarborg ablegte – was mich sehr gefreut hätte, weil mein alter Homie PatD, den ich nur alle Jubeljahre sehe (laß` ma` wieder jubeln, Alter!) da den Hafenmeister macht, inzwischen sogar mit einem anderen Kollegen von uns, der aber laut Asche grad im Urlaub war. Doch die Winde standen eher ungünstig und so kam es gar nicht so weit, wir legten uns dafür in der Geltinger Bucht vor Anker und stellten fest, daß das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist, ah jo… Fakt ist aber auch, nach so einem Tag auf See ist man dann abends um Zehn auch einfach müde und kann sich in der Regel eines festen und gesunden Schlafes erfreuen, wahrscheinlich noch ein Grund, warum Segeln bei SeglernInnen so beliebt ist. Ansonsten ist das bei Albin an Bord so hyggellig, da sollten wir unbedingt mal einen Porno drehen, also ich hätte Bock, äh, Lust. Wer macht mit?wirklich

Unser letztes gemeinsames Frühstück

Am sechsten und letzten Tag, das nicht geführte Logbuch nannte es Donnerstag den 17.6.2021, konnten wir dann bei nahezu perfekten Winden und strahlend blauem Sonnenschein, äh, Himmel die altbewährte Route in die ehemalige Rumhauptstadt Europas, also ungelogen zurück nach Flensburg, hinter uns bringen und ich sah` meine Heimat nochmal von der anderen Seite, halt von Seeseite aus.

Mein Habernis, an diesem Strand bin ich aufgewachsen und auf der Straße dahinter, die man nicht sieht, habe ich angefangen zu skaten.
Unser Dollerupholzer Strand, links wo der Wald anfängt, ist meine Badestelle!
Holnis-Spitze
Michael darf auch mal fahren.

Da flossen still und heimlich wieder einige Tränen bei mir. Mann, was haben mein Bruder und ich für eine geile Kindheit gehabt, Mann, hab` ich einen tollen Vater und, Mann, was hat der für tolle Freunde! Wenn wir in dem Alter mit 80 noch genauso gesund, fröhlich und lebenslustig sind, dürfen wir uns wirklich mehr als glücklich schätzen, was, Kaddi!? Wollen wir so einen Trip jetzt nicht jedes Jahr machen? Wer als letztes schwimmt, hat nicht gewonnen, sondern nur verloren, nämlich die Besten der Besten…

Danke, Herrchen, ich hab` dich verdammt lieb, in vielerlei Hinsicht – ganz sicher nicht in allem, nä!? – bist du ein echtes und echt tolles Vorbild! Nur das Beste zu deinem Achtzigsten und auf die nächsten Achtzig!

Und danke natürlich auch an die anderen sechs, nächstes Mal dann um Kap Horn, woll!?

Aye aye und skal und den ganzen Scheiß,
Arne

P.S.: Noch einer von Mario: Wie nennt man die rechte Hand von einer Frau? – Schwanzflosse…

P.P.S.: Wie in dieser kleinen Geschichte deutlich geworden sein sollte, kann mensch die Albin Köbis mitsamt Asche chartern, und was ein einmaliges Segelerlebnis angeht, kann ich euch das nur empfehlen! Ahoi!

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