OVER 50 SESSION IN LA KANTERA

Bonjour mes amis! Oder olá amigos, aber hallo und pronto!

Also wie angekündigt sind wir übers Wochenende nach Bilbao gefahren, genauer gesagt zum legendären La Kantera Skatepark am Arrigunaga Strand, wo wir auch mehr oder weniger das ganze Wochenende verbracht haben. Die beiden luschigen Spanier waren Freitag nach der Arbeit kaputt und wollten lieber Samstagfrüh fahren, naja, mitgehangen mitgefangen. Somit waren wir dann paradoxerweise Freitagsabends noch in einer sehr netten Strandbar hier um die Ecke, was natürlich für die physischen Fähigkeiten am Samstag nicht so von Vorteil war, aber egal. Wir sind hier dann morgens so um halb Elf los und als wir gegen Mittag in Algorta am Park ankamen, war dieser menschenleer, aber auch kein Wunder, es waren knapp 35° Grad, das kann dann zum Skaten schon ein bißchen zu heiß sein. Während die anderen sich dann am Surfen versucht haben, bin ich am Strand direkt zurück ans Glas, hab` mir erstmal eingeschenkt und resümiert…

Ich war vorher erst einmal in La Kantera, und das muß so 2005 gewesen sein, und da konnte ich mir schon von der Besonderheit dieses Skateparks ein klares Bild machen, was nicht nur an der majestätischen Lage liegt da in dieser Bucht oben auf den Klippen mit den Ruinenmauern und so. Der Spot hat eben auch eine lange Geschichte und schon immer eine vorbildliche Szene gehabt, die ein paar große Namen hervorgebracht hat, nicht umsonst gibt es ja auch ein sehr schönes und ausführliches Buch über das ganze Phänomen. Wir waren damals auf einer relativ spontanen Viertagestour, ich glaub`, das war sogar das erste Mal für mich, daß ich in den Gebrauch eines sogenannten Billigfliegers kam, von Düsseldorf nach Bilbao eben. Klaas hatte das alles mehr oder weniger angeleiert, und ich bin letztendlich nur mit eingestiegen sozusagen. Anonsten waren noch dabei der gute alte Wolfgangsta, Fabrice ‚El Gato‘ Correa, Dirk‘ Rock`nRoll Architekt‘ Lücke, Axel Torschmied sowie Blackriver Martin und sein Stuntman-Kumpel Christian Prager, seines Zeichen Coverheld von BOARDSTEIN AUSGABE 35, die Skatepark Sonderausgabe. Eine lustige Truppe und wir hatten zwei Mietwagen und so einige Skateparks im Visier, das waren schöne dreieinhalb Tage, aber ich geh` hier mal nicht zu sehr ins Detail, der Trip war uns schließlich seinerzeit nicht mal einen Artikel in der BOARDSTEIN wert, es war mehr so ein kurzes Privatvergnügen.

Was ich aber erzählen möchte ist, daß Klaas damals natürlich als erstes im Park zufällig einen älteren Skater traf, den er ein Jahr vorher im alten Park von Romford, London, kennengelernt hatte. Der war auch mit ein paar Kollegen für ein paar Tage in die Sonne zum Skaten geflogen, geiler Zufall schon mal (wir haben ihn dann wiederum ein Jahr später auf unseren ‚This is not a Blitzkrieg‘ Tour auf unserem Pflichtstop in Romford wiedergetroffen, hatte er nicht sogar ein kleines Photo in seinem Homebowl in unserem Artikel dazu? Bin wie gesagt weit weg von Zuhause und kann sowas grad nicht recherchieren, aber ich muß mir einen übertriebenen journalistischen Anspruch mit Wahrheit, zu viel Fakten und so für diese Blogscheiße wohl sowieso mal abgewöhnen). Egal, Klaas also diesen Dude wiedergetroffen, und später am Abend spricht mich einer von den Locals auf Deutsch an, ob wir die Typen vom BOARDSTEIN sind, war ich natürlich erstmal baff. Juan, so heißt er, hatte mal ein Photo in einer Abo-Anzeige für uns, der BOARDSTEIN FRIEND-CLUB, ihr erinnert euch!? Da gibt es in einer Ausgabe (jetzt nicht fragen in welcher verdammt! Zu Hause am Schreibtisch würd‘ ich mir jetzt tatsächlich die Mühe machen und das raussuchen) ein Photo, wie er mit irgendwie einer SM-Maske und einer Knute(!?) bei Sonnenuntergang auf der alten Mauer in La Kantera sitzt. Das hatte uns damals Javi Angulo zukommen lassen, auch ein Ureinwohner von dort, der seinerzeit aber in Konstanz wohnte. Der hat uns immer so wahnsinnige Bilder geschickt, ihr erinnert euch vielleicht an das Poster mit der nackten Schönheit im Wald mit einer BOARDSTEIN Ausgabe im Arm, weswegen diverse Leute damals ihr Abo gekündigt hatten, weil ihnen das zu sexistisch war und sie ganz enttäuscht von uns waren, gähn…

Egal, zurück nach La Kantera, wo ich mich lange mit Juan unterhalten hatte, der wie gesagt, weil er länger in Deutschland gelebt hat, wirklich gutes Deutsch spricht. Also noch so ein geiler Zufall, aber es geht noch weiter. Vor ziemlich genau vier Jahren, war ich mit Concrete Flow in Livarot in der Normandie am Bauen, wir sollten da den kleinen Skatepark ein bißchen erweitern und haben einen neuen Atlantik Wall hingezaubert. Jedenfalls hieß es, daß zum ersten Mal auch zwei Spanier zum Arbeiten dabei sein würden, Charlie aus Valencia sowie ein temperamentvoller Juan aus Bilbao, da wußte ich, das kann nur genau dieser Juan sein, und so war es dann natürlich auch… Also ich erkläre das Außenstehenden ja immer so, die Skateboardwelt ist schon so eine kleine Blase für sich in unserer Gesellschaft, halt eine weltweite Gemeinschaft, wo solche Zufälle eben ständig vorkommen, weil Skater einfach viel unterwegs sind und sich oftmals einfach kennen oder wenigstens schon mal getroffen haben, nur um sich an den teilweise merkwürdigsten Spots wiederzutreffen, La Kantera ist diesbezüglich allerdings nicht merkwürdig, sondern prädestiniert. Jetzt stellt euch aber innerhalb dieser Skateboardblase nochmal eine kleine Extrablase vor, wo sich nämlich wie ein Schwarm von aussätzigen Mutanten die ganzen Skateparkbauer tummeln, die in der Regel nochmal ein Stück wahnsinniger sind als durchschnittliche Skateboarder. Was es in dieser kleinen Szene immer wieder für Verbindungen, Verstrickungen und Zufälle gibt, könnte ihr euch nicht vorstellen, aber ich versuch`s euch ja gerade zu erzählen…

Die Over 50 Session letzten Samstag sollte jedenfalls gegen 16.00 Uhr losgehen, ich war gerade auf dem Weg berghoch zu unserem Van, als mir auf der Straße ein Münsteraner Auto auffällt, und wer sitzt prompt am Steuer? Anders ‚Poolpanic‘ Tellen mit seiner Freundin (Adriana, glaub ich, oder!?). Ja, man begrüßte sich freudig, ich hatte ja mit so`n paar Deutschen Recken gerechnet, aber nicht unbedingt mit Anders, schönes Ding, dann würde es auf jeden Fall noch etwas mehr zu sehen geben als nur Frontside Grinds. Aber natürlich gibt`s auch dazu noch wieder `ne Extrageschichte: So hatte ich mir nämlich tatsächlich vor nicht mal einem Monat eins der letzten Anders Pulpanek Re-Issue Boards von Titus Skates bei Titus bestellt, nachdem es mir über spärliche Connections leider nicht gelungen war, eins umsonst zu organisieren. Aber ich wollte das unbedingt haben, ich fand die Graphik 1989 schon geil, als ich gerade angefangen hatte zu skaten, und jetzt hatten sie das Board schön in Silber neu aufeglegt.

Anders – Feeble To Fakie. Ph: Jonathan Hay

Und Anders kenn` ich nun inzwischen aus Dortmunder BOARDSTEIN Zeiten auch schon ein Weilchen und kann ich sehr gut leiden, somit freue ich mich, daß das Board jetzt bei mir zu Hause an der Wand hängt, wie gesagt, gerade mal seit einem Monat oder so. Das hab` ich ihm später natürlich direkt erzählt und wir gerieten dann ziemlich schnell ins übliche Industriegeschwafel, was mit Anders immer sehr gut geht, weil der halt einfach auch schon alles erlebt hat und jeden kennt. So viel dazu, und rippen tut er auch immer noch mit satten 50 Jahren. So fit, wie der ist, macht der auch noch mit 60 seine Madonnas mit gleichem Style (besten Dank an Jonathan für die Skatephotos, Confusion lebe hoch!).

Dietsches, J-Hay und Wolfgangsta

Kurz nach Anders rannte ich dann in Gerd Rieger rein, auch ein alter Bekannter und Mitstreiter in Sachen BOARDSTEIN und dann wieder unten am Park hatte sich das Ganze auch schon ein bißchen gefüllt, ein Grüppchen von 40, 50 Leuten und natürlich auffallend viele graue Bärte und keine Frauen weit und breit. Dietsches war auch da, wie immer ganz ohne Haare, Jonathan vom Confusion, von dem ich erst ein paar Tage vorher erfahren hatte, daß die Session an diesem Wochenende steigen sollte. Wolfgangsta war natürlich am Start, sogar Kongo aus Berlin war gekommen, sowie wahrscheinlich ein paar der ältesten noch aktiven Skater aus Europa. Es waren sogar ein paar Amis eingeflogen, und es ist irgendwie schon geil, so Typen wie Brad Bowman oder Doug ‚Pineapple‘ Saladino nochmal live zu sehen, die nun mal schon in den `70er Jahren Skateboards mit ihrem Namen drauf hatten. Anders erzählte auch, es gäbe von ihm ein Photo von 1980 mit einem Brad Bowman Board, einfach spannend und erfreulich, 40 Jahre später Teil von dem Ganzen zu sein.

Starsky schwerst am Rippen! War jut jewesen, wa!? Jaaaa… Ph: Jonathan Hay
Clive aus Portugal mit einem extrem stylischem Layback Grind. Ph: Jonathan Hay
Kris Markovich was here!?

Äh, ja, und apropos, darum ging es wohl auch in erster Linie, es war jetzt nicht gerade die härteste Session seit Marseille Bowlriders 2000, dabei sein reichte wohl den meisten, aus der Boom-Box liefen alte Klassiker wie Suicidal Tendencies, Agent Orange oder The Clash, und alle waren glücklich. Es war aber auch immer noch gut heiß, am Freitagabend war natürlich ein bißchen gesoffen worden, und man darf nicht vergessen, daß der Bowl einfach echt hart zu fahren ist, ein krasses Loch halt. Überlocal Txus Dominguez, der zu der Session geladen hatte, fährt das Ding natürlich stylisch wie kein anderer, und sein Sohn zerlegt das Ganze dann in zweiter Generation richtig. Ja, es war ein sehr schöner Nachmittag mit viel Palaver, abends zerstreute sich dann leider alles ein bißchen, es war auch keine Afterparty oder dergleichen geplant, ich hätte ja wenigstens noch mit einem U.S. Bombs Konzert oder so gerechnet, kicher… Wir hingen natürlich eher mit ein paar von den jüngeren Locals ab und rauchten nicht nur einen Joint, das ist auch so typisch für La Kantera, da wird gut was gequalmt in der Nachbarschaft. Juan kam dann auch noch, und ich freute mich, daß ich ein I-Punkt Buch mitgenommen hatte, was ich ihm dann geben konnte, weil er mir vor drei Jahren ein La Kantera Buch organisiert hatte. Zwei, drei von den Locals (ich hab` leider nicht wirklich Namen behalten) waren auch immr noch heiß, obwohl sie zum Teil schon stundenlang geskatet waren, aber in La Kantera wird auch nicht nur abgehangen, da wird eben auch geshreddet, und zwar vom Feinsten. So wurde ich dann noch Zeuge eines beachtlichen Downhills von einem von ihnen, den auch die GX1000 Jungs nicht besser hingekriegt hätten, und einiger anderen betrunkener nächtlicher Streetskatespielereien, an Downhills kommt man in Bilbao jedenfalls nicht vorbei. Ausgerechnet der kleine Wee-Man brach dann noch bei einem völlig sinnlosen Boneless sein Board durch und gegen Drei lagen er, Nanaqui und ich dann im Van, und weil Wee-Man ja so klein ist und sich quer legen kann, konnten wir dann auch alle drei schön bequem unseren Rausch ausschlafen.

Hier hab` ich versucht Baquetas` (das heißt ‚Drumsticks‘ auf Spanisch, das kann er nämlich auch) Downill zu knipsen. Hat nicht ganz geklappt, er war einfach zu schnell, trotzdem irgendwie ein saugeiles Photo…
Eine Millisekunde später war Wee-Man`s Board entzwei…

Wir wurden dann auch erst gegen halb Zwölf wach und standen langsam auf, lästige erste Mission wie immer, Spot zum unauffällig Pissen suchen, dann ein bißchen Katerfrühstück in einer der Tapas Bars gleich neben dem Park. Der Skater geht natürlich ins Layback, nicht nur wegen des geilen Namens, sondern weil das von einem der Locals betrieben wird und echt gutes Esen zu bieten hat, vom selbstgemachten Eis mal ganz schweigen. Damn, und dann war es tatsächlich schon wieder zu heiß für irgendwas außer im Schatten oder am Strand sitzen, Baden ging auch wegen Ebbe gerade nicht. Gegen Nachmittag füllte sich der Park dann wieder ein bißchen und wir bewegten noch ein bißchen unserer alten Knochen, bevor auf einmal `ne Autoladung Kölner vor mir stand, Tobi, Stefan, Markus, Jenne, die hatten am Wochenende davor alle zusammen hier im Baskenland den Vierzigsten vom anderen Jenne gefeiert (der, der mit auf der BOARDSTEIN POLTIKUM TOUR war), wo ich nicht hinkommen konnte. Aber ich hatte keine Ahnung, daß die alle noch im Land waren, eine weitere freudige Überraschung also! Sogar Steff, der auf fast allen BOARDSTEIN TOUREN mit dabei war, und den ich gut fünf Jahre nicht gesehen hatte, sollte noch kommen, so wurde dann später noch mehr palavert und noch weniger geskatet und irgenwann mußten wir dann auch mal los. Schließlich sollten wir am Montagmorgen wieder auf der Baustelle sein und hatten noch knapp drei Stunden Fahrt vor uns und ein räudiges Wochenende im Gebein.

Würden Sie diesem Mann ein Gebrauchtskateboard abkaufen?… Frag` Peter!

Tja, so in etwa ist also mein letztes Wochenende abgelaufen, La Kantera hat seinem Namen und Ruf mal wieder alle Ehre gemacht, es ist wirklich ein einmaliger Treffpunkt mit einer ganz besonderen Energie, gerade für die älteren Hasen, die sich ihren Urlaub inzwischen genauso gerne auf dem Surfbrett wie auf dem Skateboard vertreiben. Aber wenn man bedenkt, daß es einer der ältesten Skateparks Spaniens ist, der dann im Laufe der Jahrzehnte D.I.Y.-mäßig bis aufs Letzte von den Locals aufgepeppt wurde, ist ganz klar, daß man als betonliebhabender Skateboarder diesen Spot mindestens einmal im Leben besucht und geskatet haben sollte. Die Locals heißen jeden mit baskischer Gastfreundlichkeit willkommen und die Lage des ganzen Areals ist wie gesagt einfach einmalig. Ich fahr` dann jetzt Donnerstag erstmal für vier Tage nach Barcelona, so gibt es sicherlich auch nächste Woche wieder auf diesem Kanal ein bißchen Klimmbimm aus meinem Leben zu erzählen. Was treibt ihr eigentlich so, wenn ihr zu viel Zeit habt, um euch so einen nichtigen Scheiß hier durchzulesen???

Nur das Beste an alle und bisss spätersss,
Arne

P.S.: Hier unten seht ihr übrigens Wee-Man, der hat`s vorgestern bei Surfversuchen in Hossegor tatsächlich geschafft, sein nagelneues Board zu brechen, das er erst letzte Woche für 200,- Euro gekauft hat. Das soll ihm mal einer nachmachen, Samstagnacht ein Skateboard und Montagnachmittag ein Surfboard gekillt. Ich sag` ja, ich bin hier in bester Gesellschaft, einmal mit Profis…

2 Gedanken zu „OVER 50 SESSION IN LA KANTERA

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