Hola zusammen!
Also daß hier die letzten drei Einträge aus sich mir nicht erschließbaren technischen Fehlern scheinbar seinerzeit ein bißchen querbeet gepostet worden sind, war dann wohl doch ein kleines Drama in drei Akten, was aber nun auch der Vergangenheit angehört, auf welcher mensch nicht zu viel rumtrampeln sollte. Ich bin also wieder voll da, leider somit auch viel zu früh wieder in der Heimat, aber man muß sich halt ganz schön einschränken, wenn Krieg is`…
Fangen wir (noch)mal ganz von vorne an, denn ich hatte vor einem Monat angekündigt, daß ich mit meiner Freundin Olga urlaubsmäßig vier Wochen durch Kolumbien und dann zum legendären Snakerun in Quito, Ecuador, tingeln wollte, doch wie ihr euch denken könnt, mußten wir unseren Trip kurz nach der Hälfte abbrechen, warum brauch` wohl nicht großartig erläutert werden. Im Endeffekt können wir froh sein, daß wir es noch rechtzeitig zurück nach Hause geschafft haben, denn einen Tag nach unserem Rückflug wurden in Kolumbien sämtliche Grenzen zugemacht, nix Flüge mehr und komplette Ausgangsperre sowieso, da bin ich doch zu Hause definitiv besser aufgehoben, weil Langeweile macht mich tot. Und ich gebe natürlich zu, ich bin dankbar für die Erfindung des Personal Home Computers, allerdings mehr aus produktiven Gründen, als wegen Gucken von Serien. Denn ich lese nicht nur, sondern schreibe halt auch gerne, und ich hatte ja letztens erwähnt, daß ich meinen Rechner nicht mit nach Kolumbien nehmen wollte, eben weil Urlaub und so. Am liebsten schreibe ich halt zu Hause, wobei ich noch gar nicht zu Hause bin, sondern nach wie vor im Quarantäne-Exil bei Olga im Hamburger Schanzenviertel, schließlich sind wir über Barcelona (Arrg, Risikogebiet!) zurückgeflogen und ich wohne zu Hause mit meinem dann doch zumindest auf dem Papier durchaus betagtem Vater zusammen. Man sollte meinen, somit hätte ich jetzt genug Zeit, um euch einen ausführlichen Reisebericht über Kolumbien in Kurz zu schreiben, genau das will ich dann auch mal versuchen, aber einmal mit alles bitte!
Und ich muß zugeben, Olga und ich dachten vor einem Monat beide, dann verpissen wir uns ja gerade zum richtigen Zeitpunkt, ein Monat Südamerika und wenn wir nach Hause kommen, ist die Scheiße vergessen und verflogen. Aber Pustekuchen, die Kacke hat ja noch gar nicht richtig angefangen zu dampfen!… Doch ich will ich euch jetzt nicht auch noch mit Corona-Scheiß nerven, das werde ich bestimmt in den nächsten Wochen noch ausführlich genug tun, denn ich mache mir natürlich auch so meine Gedanken, weil mir das Ganze schon aus den Ohren rausquillt. Konzentrieren wir uns aber lieber erstmal auf unsere zwei schaurig schönen durchweg sehr sonnigen Urlaubswochen mit Flitterwochen-Charme, weil so ein Trip ein menschliches Pärchen nun mal zusammenschweißt (in manchen Fällen wahrscheinlich auch auseinanderreißt), und wir hatten wirklich ‚Einmal mit alles bitte!’… (übrigens eine der wenigen BOARDSTEIN TOUREN, wo der Tourname nicht gleich am Anfang oder mittendrin vom Himmel fiel, sondern erst ganz am Schluß).
Dienstagabend den 3.3.2020 (geht als Schnapszahl durch, oder!?) hatten wir uns das noch bei Olga zusammen mit unserem Freund Tiggel ein bißchen gut gehen lassen, und während Olga und Tiggel wie zwei alte Freunde rumsabbelten, machten sie mir den Blog-Eintrag, den ich in jener Nacht noch losgelassen habe, nicht einfacher (vielleicht waren die oben genannten technischen Schwierigkeiten auch in meinem Hirn zu finden). Nach ein paar Pseudo-Stunden Schlaf dann um 5.30 Uhr hoch und zum Flughafen, ab nach Madrid und da sechs Stunden Aufenthalt, ächz… Also für ein bißchen Patata Brava con Pimentos de Padròn kurz mal in die Innenstadt getappat, zack wieder zurück und in den Iberia Flug nach Medellin, Kolumbien, und das für schön satte zehneinhalb Stunden (nur als kurzen Einwurf: Da gab`s Corona schon…). Zum Glück gab`s im Flieger im Unterhaltungsprogramm ‚Bohemian Rhapsody‘, den wir beide noch nicht gesehen hatten, und ich bin froh, diese Bildungslücke endlich geschlossen zu haben, auch wenn mir als jahrelanger Fan die Geschichte von Queen natürlich halbwegs bekannt war. Aber der Film ist wirklich super, ganz großes Kino, wie man so schön sagt, und ich wär` auch gern mal so gay wie Freddie Mercury…
Wir kamen dann gegen Zehn abends in Medellin an und sind mit demTaxi ins vorgebuchte Hostel mit dem klangvollen Namen Hotel California, such a lovely plave, wie sich noch herausstellen sollte. Olga als Raucher- und gleichzeitig Frischluftprinzessin hatte extra ein Zimmer mit Fenster gebucht, aber in dem Hotel gab es gar keine Zimmer mit Fenster, häh!? Jedenfalls sind Zimmer ohne Fenster generell schon mal komisch, um nicht zu sagen in unseren Gefilden außerhalb von Kellern herrlich ungebräuchlich, aber wir waren ja auch nicht mehr zu Hause, sondern am anderen Ende der Welt, und das bei 30° Grad plus. Sagen wir so, es wurde des Nachts in unseren Windelbetten viel geschwitzt und Klimaanlagen sind auch nicht immer nur geil, und vor allem laut…
Ich muß dazu sagen, daß ich seit der Schnuffknuff Australien Tour 1997 nicht mehr mit einer Frau so lange in so eine Art Urlaub gefahren bin, und ich hatte Olga zugestanden, daß wenn wir schon in Urlaub fliegen, das ein oder andere vorgebucht sein dürfte. Aber das waren im Endeffekt auch nur zwei Unterkünfte und ein Inlandsflug, um möglichst schnell in die Karibik zu kommen (lechz)… Der Rest würde ‚Go with the flow‘-mäßig laufen, wenn auch unter einstweiliger Zuhilfenahme Olgas Smartphones, eine völlig neue Erfahrung für mich, die den Urlaub erst so richtig kuschelig gemacht hat (kleiner Insider).
Natürlich hatten wir uns dann direkt am ersten Tag in Medellin für einen Besuch bei Henrik Jessen im D`CADA Headquarter angekündigt, selbsternannter Kolumbien-Einwanderer aus Hamburg. Und auch wenn ich mich jetzt wiederhole, aber Henrik kann jede Promo gebrauchen, weil er zusammen mit seinem Bruder nämlich eine wirklich tolle Sache am Laufen hat, und zwar den ersten kolumbianischem Bio-Fair Trade Erfrischungssaft D`CADA, bald schon in drei Geschmacksrichtungen und demnächst auch übersee in Spanien erhältlich! Ist jetzt kurz mal was zwischengekommen, aber man expandiert und der Saft ist mit ihnen, Henrik war einfach einer der Hauptgründe, daß ich Kolumbien als Urlausbziel erwählt hatte, denn seit wir zusammen mit ein paar anderen Blutsbrüdern und einer -schwester vor acht Jahren in San Isidro, Costa Rica, einen Skatepark gebaut hatten, haben wir uns nicht gesehen, und Henrik is` 1A-Kollege, verstehste!? Ein Mensch, den man einfach gerne mal wiedersehen will, und er lobte dann auch aus Hamburger Jung meine hanseatische Art, indem ich nach all den Jahren dann tatsächlich mal bei ihm in Medellin aufgetaucht bin, norddeutsches Ehrenwort eben und Bros for life and for real.
Aber apropos Wiedersehen, Henrik wohnt und arbeitet unweit der Metro-Station ‚Estadion‘, einer riesigen Sportanlage für die Bürger Medellins, wo wir dann auf der Suche nach dem D`CADA Headquarter einen recht ansehnlichen Skatepark vorfanden (nicht wirklich schwer zu finden, quasi gegenüber von der Bahnstation), und ja, wer cruist da locker lässig mit freiem Oberkörper so rum und rippt professionelle Lines? David González natürlich, bis vor Kurzem wohl der einzige international bekannte Skater Kolumbien`s überhaupt und immerhin Thrasher`s Skater Of The Year 2012. Und witzig, ich hatte vor der Reise noch gedacht, wie lustig es wäre (jüngere Menschen dürfen hier statt ‚lustig‘ auch ’nice‘ schreiben), in diesem doch sehr großen Land eventuell David González über den Weg zu laufen, immerhin kommt er aus Medellin, und – bumm – an meinem ersten Tag in Town rockt er direkt da rum, was wahrscheinlich sein Homepark ist (wenn er gerade nicht weltweit auf Tour ist, so als Pro eben).
Das ging mir vor der Reise nicht durch den Kopf, weil ich Skateboard-Groupie bin, sondern weil ich schon mal indirekt mit David zu tun gehabt hatte, allerdings weiß ich nichts mehr davon… Jedenfalls sind wir uns im Frühling 2013 schon mal über den Weg gelaufen, nämlich auf der brasilianischen Paradiesinsel Florianopolis bei Pedro Barros` Bowl Contest. Wegen etwas zu gut gemeinter feuchtfröhlicher Ertüchtigung vor Ort seit dem Frühstück fehlen mir von dem Samstagnachmittag so gut zwei Stunden im Kopp, aber mir wurde von meinen mitgereisten Kollegen damals erzählt, daß ich des Nachmittags dem damaligen Thrasher Chefredakteur Jake Phelps (Gott hab` ihn selig) mal ordentlich meine Meinung gegeigt habe, was nicht unbedingt erstaunlich ist, weil ich das auch genau so im Vorfeld angekündigt hatte von wegen ‚Ey, wenn Jake Phelps da auftaucht, geig` ich ihm mal die Meinung‘ (auf Englisch natürlich für meine belgischen und brasilianischen Freunde). Schließlich hatte ich erst ein Jahr vorher bei schon bereits erwähntem Costa Rica Projekt von zwei namenhaften amerikanischen Pros erfahren, daß der gute Jake Phelps hier und da auch als Fake Jelps bekannt ist, z.B. weil er auf einer Skate Rock Australia Tour nicht einmal ein Skateboard dabei hatte…
Naja, damals in Florianopolis war Fake Jelps dann halt tatsächlich auch da, ich war jenseits der Promillegrenze und geigte ihm dann wohl zwischendurch mal ordentlich meine Meinung. Und laut Aussagen meiner Freunde, die das Ganze äußerst amüsiert beobachteten, stand David González wohl die Ganze Zeit daneben und hat sich kaputt gelacht… Tja, und David war dann halt tatsächlich jetzt da am Start und am Skaten, und es nervte mich bereits beim Weggehen, daß ich so scheiße Selfie-schüchtern bin, also ausnahmsweise mal nicht -süchtig, sondern -schüchtern, und genau das, wenn es eben um Selfies geht. Ich fühl` mich einfach blöd dabei, jemanden zu fragen, ob ich ein Photo mit ihm/ihr machen darf, in dieser Beziehung war ich schon immer voll verklemmt. Damn, ich wünschte mir zum Beispiel, ich hätte Photos von mir mit all den tollen Bands, die ich damals zu BOARDSTEIN ZEITEN so backstage interviewt habe, denkt mal drüber nach, viele gute es waren, viele Helden des Lebens. Das wäre eine tolle Pinnwand-Kollage für unters Kopfkissen…
War ich also zu blöd, David anzuschnacken, wie wir verklemmten Nordnordlichter so sagen, das hat mich in Zeiten von persönlichen Blog-Erfahrungen irgendwie geärgert, aber irgendwie dachte ich auch, daß ich ihn einfach morgen dort wieder antreffen würde, ich war schon voll auf Pura Vida wegen der ganzen Sonne und so… (ich sollte ihn leider nicht nochmal antreffen, sonst würde ich hier natürlich mit Selfies glänzen). Wir vertrieben uns also die nächsten drei Tage auf vielfältige Art und Weise die Zeit und erfüllten dabei wahrscheinlich sämtliche Backpacker-Touri-Klischees, was aber auch nicht schlimm war, denn es gibt in Medellin einfach eine Menge abgefahrener Scheiße zu erleben und zu sehen, von Streetspots zu skaten ganz zu schweigen. Medellin ist wirklich so, wie es in jedem Reiseführer beschrieben werden dürfte, eine aufstrebende, bunte und sehr laute (beides kolumbianische Lebensmotti) südamerikanische Metrople, die mensch einfach nur genießen sollte, solange mensch sich dort aufhält. Und das alles ist umso beeindruckender, wenn mensch sich ein bißchen mit der Geschichte dieser Stadt beschäftigt, um zu ahnen, daß dieses große Tal, in dem sich die wuchernde Stadt befindet, vor noch weniger als zwanzig Jahren zu den gefährlichsten Orten der zivilisierten Welt gehörte.
Willkommen am anderen Ende der Welt, wo öffentliche Seilbahnen dafür sorgen, daß Stadtviertel sich entghettoisieren, oder wie sagt mensch das auf richtig? Südamerika ist einfach so anders als das, was wir wohlbehüteten Weißen aus unserem kleinen Europa so kennen, ja einfach eine andere Welt, wie all die anderen Kontinente auch, die mensch vielleicht dann doch wenigstens einmal im Leben erlebt haben sollte, um das, was mensch Menschheit nennt, vielleicht ein bißchen besser zu verstehen. So gondelten wir mit einer der öffentlichen Seilbahnlinien in den Arvi Park und schlenderten dort ein bißchen willenlos über nicht ausgeschilderte Wanderwege durch den Urwald.
Wir besuchten ein Museum über die Stadtgeschichte und ein alternatives Rockkonzert vor einem großen Theater, dann natürlich noch Comuna 13, ein Armenviertel im Nordwesten der Stadt, das sich an steilen Berghängen befindet. Das ist nämlich vor nicht mal zehn Jahren vom kolumbianischen Militär rigoros “gesäubert“ worden und hat sich seitdem zumindest in Teilen zu einem quicklebendigem Künstlerviertel und Tourismusmagnet entwickelt. Und das ist mit dem ganzen Graffiti, den vielen Straßenkünstlern und den tollen Ein- und Ausblicken in so ein typischen südamerikanisches Viertel rein optisch schon so abgefahren, daß ich einen Besuch nur empfehlen kann, wenn mensch es mal nach Medellin schafft. Was der Bau von ein paar Rolltreppen in unwirtlichen Gegenden nicht alles bewirken kann….
Aber trotz Seilbahn, Comuna 13 und Hochhaus-Hotel-Lounge-Photos, kann ich euch leider keine richtig geilen eigenen Overview-Photos von Medellin präsentieren, die verdeutlichen, wie faszinierend diese Stadt, dieses Tal, aus der Höhe aussieht. Medellin ist rundum eine besondere Stadt mit einem ganz eigenen Flair, kein Wunder, daß Henrik dort so gut angekommen ist, und als wir dann nach vier Tagen unseren Kurzflug nach Santa Marta im Norden Kolumbiens antraten, war klar, daß wir auf`m Rückweg vom Norden nach Ecuador nochmal in Medellin vorbeischauen würden, Stichwort Polo-Shirt… Wir hatten allerdings auch einen kleinen Eindruck von kolumbianischer Aggressivität und Kriminalität in unserer zweiten Nacht im Hotel California mitbekommen, in Form einer kleinen Schlägerei mit viel Frauengekreische, es sollte schon bald mehr davon geben…
Nach einer Stunde Flug kamen wir in Santa Marta an, einer der ganz wenigen Flughäfen der Welt, die direkt am Strand gebaut wurden, voll geil, steigste aus`m Flieger und hundert Meter weiter hassu karibische Brandung, Aller! Nun sollten die Flitterwochen erst richtig losgehen, mit Bus in die Stadt, Hostel gesucht und erstmal an Strand, lecker baden. Dann kleine Stadterkundung, den örtlichen Straßenverkauf genutzt und lecker breit gemacht. Abends wollten wir dann nochmal ein bißchen an die Promenade und so, Achtung, es war inzwischen dunkel geworden! Keine dreihundert Meter von der Promenade check` ich gerade mit Olga einen potenziellen Skatespot, als plötzlich auf dem gesamten Parkplatz die Beleuchtung ausgeht, keine Minute später haben wir einen Typen am Hals, der uns mit Irgendwas volllabert und auf einmal hält der mir ein kleines Messer vor Gesicht. Kurzschlußreaktion meinerseits, den Arm packen, Typen zu Boden wresteln und das Weite suchen, ham wir dann auch irgendwie so hingekriegt…
Tja, so ist das gelaufen, und das obwohl alle sagen, in so einem Fall bloß keine Gegenwehr leisten, wir hatten uns erst zwei Tage vorher mit Henrik drüber unterhalten. Aber nachdem ich zwei Monate vorher schon in Laon überfallen und zusammengeschlagen worden war, schoß mir nur durch den Kopf ‚Nicht schon wieder‘ und schon lagen wir auf dem Boden und ich dachte ‚Geil, jetzt wirst du abgestochen‘, nur um dem Typen einen Sekundenbruchteil später beim Weglaufen noch einen Volltreffer mit meiner halbvollen Bierdose zu verpassen. Also glimpflich ausgegangen, es ging alles so schnell wie bei einem Skatetrick und wir mußten dann beide erstmal kurz durchatmen. Es war ja nicht so, daß wir wie ignorante Touris nach Mitternacht ziellos durch irgendwelche Favelas gestapft wären, wir befanden uns mitten im Zentrum, eben nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Ansonsten ist Santa Marta super, ich habe reichlich Spots gesehen, auch ein paar Skater getroffen, und konnte am zweiten Abend sogar mit Olga, die sich beim Filmen immer wieder ausgesprochen qualifiziert anstellt, drei schicke Tricks filmen, ein Zeichen dafür, daß wir den Vorfall vom Vortag gut verdaut hatten. Kein Wunder, hatten wir doch einen äußerst entspannten Nachmittag am Strand eine Stunde außerhalb der Stadt hinter uns, genau davon mehr bitte, und einmal mit alles!
Nächstes Ziel war somit der Tayrona National Park eine gute Busstunde weiter nordöstlich und unterkommen taten wir diesmal bei Mama Teresa, die mit ihrer Familie das kleine Casa Hostal ein paar Kilometer vor dem Parkeingang betreibt. Bilderbuchmäßig mit Fluß im Garten und Bergen und Dschungel drumherum, da läßt`s sich gediegen chillen, endlich hatten wir die Städte hinter uns gelassen und konnten vollends auf Karibikmodus umschalten. Am nächsten Tag wollten wir dann im Park wandern und das ist zwar auch wieder eine ziemliche Touri-Attraktion und vor Ort alles ein bißchen stramm durchorganisiert, aber aus Gründen, von denen wir noch nichts ahnten, war es dann doch relativ ruhig und gemütlich auf den Wanderwegen, bzw. eigentlich gibt es dort nur einen. Der bietet dafür in relativ kurzer Zeit, alles was das Dschungel- und Karibikherz begehrt, inklusive einer Affenfamilie, die ordentlich Mätzchen für uns machte, goil! Gebadet wurde natürlich auch wieder und dazu kann ich vielleicht noch anmerken, daß ich schon mehrfach in sämtlichen Weltmeeren geplätschert habe, allerdings bis dahin noch nie in der Karibik. Ich kann nur sagen, es badet sich da wirklich genauso hervorragend wie in der Bounty Werbung!
Die nächsten vier Tage sollten und würden auch das Highlight der Reise werden, fünf Tage im Hippie-Örtchen Palomino, und zwar am Ortsrand in unserem eigenen Strandhüttchen, yeah! Das war wirklich ein Traum, gerade weil es auf unserer flächenmäßig großen Ferienanlage nur fünf solcher Hütten gab und mehr als drei waren nie gleichzeitig bewohnt, wir hatten dort wirklich absolut Ruhe, 50m vom Strand mit Blick auf nichts außer Sand, Palmen und dahinter Horizont. Wir haben uns fast schon gefreut, in der Ferne mal einen Menschen zu sehen, weil außer Rumgezappel von Kolibris, Leguanen und Eichhörnchen rein gar nichts passiert ist. Und richtig, Eichhörnchen, genau solche wie bei mir im heimischen Garten, ein ganz komischer Anblick so auf Konkusnußpalmen… Und das Ganze war spottbillig, also ich kann das “Hotel“ Playa Mandala als Unterkunft während etwaiger Flitterwochen in Kolumbien nur wärmstens empfehlen. Am ersten Morgen beim Frühstück vorne an der Bar kam dann kurz nach uns das Pärchen aus dem Nachbarbungalöwchen dazu, er deutscher Auswanderer mit einheimischer Freundin und sein Vater aus Deutschland zu Besuch (das laßt euch auch gleich gesagt sein, mindestens fünfzig Prozent der Touristen und Backpacker, denen ihr im Land begegnet, sind Deutsche, aber das ist gefühlt ja eigentlich auf der ganzen Welt so. Gefolgt wahrscheinlich von den Belgiern, denen ja bekanntlich noch mehr die Sonne aus dem Arsch scheint als uns, von denen es allerdings nicht so viele gibt).
Jedenfalls hatten wir es uns gerade wieder in unseren Hängematten gemütlich gemacht, als es plötzlich von nebenan hieß, es sei eingebrochen worden und die Tasche mit Geld und allem wichtigen drin gestohlen. Nicht schlecht, innerhalb einer Viertelstunde, das ist mal organisierte Kriminalität, und ich hatte Olga noch ausgelacht, als wir zum Frühstück gegangen sind und sie die Hütte abschloß. Naja, die Gauner haben vorher vermutlich gründlich beobachtet und bespitzelt, wo es mehr zu holen gab, somit waren wir fein raus, jedenfalls kurze Aufregung im Paradies. Dann hieß es auf einmal nach einer Stunde, die Bullen hätten den Dieb erwischt und nun müssen alle für den Papierkram nach Riohacha, der nächstgroßen Stadt kurz vor der venezuelischen Grenze. Wir natürlich nicht, und da der Gangster ja jetzt gefaßt war, ließen wir uns letztendlich nicht groß davon beirren und genossen bei bester Laune gut gedoped unsere Tage mit ausgedehntem Nichtstun und es sich in allen Belangen gut gehen lassen, wozu Luft und Liebe bekanntlich reichen können. Also Palomino, I like!
Für den letzten Tag hatten wir uns dann Tubing aufgespart, dafür wird man mit dem Mofa in den Dschungel gefahren und wandert da über einen Trampelpfad zu einer bestimmten Stelle vom Rio Palomino, alles mit dem Schlauch eines alten Lastwagenreifens auf der Schulter. Ja, und dann läßt mensch sich einfach ganz gemächlich zwei, drei Stunden den Fluß runter durch den Urwald treiben. Das sagte uns natürlich schon im Vorfeld genauso zu, wie wir uns das vorgestellt hatten, und unser Guide begriff recht schnell, daß er auf uns nicht aufpassen mußte bzw. konnte. Beim Tubing kann mensch aber auch nicht viel falsch machen und die Fahrt war bis auf ein paar Mini-Stromschnellen streckenweise beinahe zu gemütlich, aber Tubing I like! Voll die geile Freizeitbeschäftigung, wobei ich mir vorstellen kann, daß das Ganze in der Regenzeit, die quasi gerade anfangen sollte, noch viel mehr Spaß macht, wenn der Strom auch ein bißchen Strömung hat. Trotz aller Gemütlichkeit schaffte ich es irgendwie, beim Tuben meine Kamera zu verlieren, naja, Photoapparat würde es besser treffen, so daß wir von nun an mit Olgas auskommen mußten, die ihren lieber in der Hütte gelassen hatte. Immerhin war ich gut vorbereitet gewesen, und hatte morgens noch die Speicherkarten ausgetauscht, so daß ich eben nur die Bilder vom Tuben verloren habe, und so teuer war dat Dingen nicht, wenn auch sehr gut und zuverlässig (und sogar wasserdicht, Aller!).
Aber das ist natürlich trotzdem sehr schade, weil Tubing I like, und ich hatte wirklich ein paar geile Dschungel-Shots und Plätscher-Clips im Kasten gehabt. Beispielhaft dafür ist, daß mir auffiel, daß die Kamera mir wohl doch aus der Tasche gerutscht ist, der Moment war, als ich ein paar Affen photographieren wollte, wie sie uns Toubern gerade aus zehn Meter Höhe auf den Kopf kacken wollten. Ich hab` dann noch watend ein bißchen gesucht, weil der Fluß nur hüfthoch und mit sandigem Untergrund war und das Wasser glasklar, aber nach hundert Metern stromaufärts hab` ich`s dann gelassen, also leider keine Bilder vom Tubing, aber Tubing I like. (Olga natürlich auch, allerdings sollte sie von nun an ein satter Sonnenbrand auf den sexy Oberschenkeln auf Trap halten, die chillt halt manchmal zu viel, die Kleene, vor allem beim Tubing! Aber we like…)
Schade war das mit der Kamera allerdings auch, weil wir auf dem Wanderweg zum eigentlichen Fluß von zwei Punkten aus zum ersten Mal einen Blick auf die wahre Sierra Nevada de Santa Marta erhaschen konnten, dem höchsten Küstengebirge der Welt. Und das war schon ein toller Anblick, so durch den Dschungel diese Sechstausender so nah zu haben, eine halbe Stunde vorher waren wir noch am Strand gewesen! Leider muß ich euch auch diesen Ausblick verwehren, nennt es höhere Gewalt, irgendeine geheimnisvolle Macht will einfach nicht, daß ich meinen journalistischen Durchbruch schaffe, zu viel getubed…
Dafür waren wir nach fünf Tagen Maximum Chill etwas geschafft vom nichts schaffen und setzten uns dann quasi bei der Abreise auf guten Zurat von einem neuen Nachbarspärchen – natürlich auch deutsch – mal wieder mit der Realität auseinander und realisierten so ganz langsam schnell, daß das Land sich kurz vor`m Alarmzustand befand. Corona war eben auch in Südamerika angekommen und ich kann euch sagen, die wollen das da ganz und gar nicht haben! Relativ schnell wurde deutlich, daß wir uns doch langsam, aber sicher wieder Richtung Medellin bewegen sollten, und daß wir den Kurztrip nach Quito wohl definitiv knicken konnten. Im Endeffekt stellte sich auch raus, daß wir mehr wußten, als z.B. die netten Damen zu Hause bei Fairlines, wo wir unsere Flüge gebucht hatten, bei Iberia Airlines drang man telefonisch gar nicht erst durch zu irgendjemanden.
Innerhalb der nächsten zwei Tage wurde uns auch klar, daß wir die Lage wohl alle etwas unterschätzt hatten, und wir waren dann heil froh, als uns die gute Kathrin von Fairlines (der Name ist eben Programm) für Samstag den 21. März noch einen Flug nach Hause ergattert hatte, einer der letzten Flüge, die noch aus dem Land gehen würden, wie sich später herausstellen sollte. Das Ganze hat inklusive Flug von Cartagena nach Bogota auch nochmal satte 1500,- Euro gekostet und es ist zu bezweifeln, daß es von Iberia irgendwann mal irgendeine Rückerstattung für den gecancelten Rückflug von Quito geben wird, aber nicht nur in diesen Zeiten haben nun mal alle ihre Päckchen zu tragen, wir Backpacker also auch. So gesehen kann ich mich nur glücklich schätzen, daß ich letztes Jahr so viel gearbeitet habe (bzw. mal anständig dafür bezahlt worden bin, zumindest auf manchen Baustellen) und das allererste Mal in zwölf Jahren Selbständigkeit um diese Jahreszeit ein paar spärlich schwarze Zahlen auf dem Konto vorweisen kann, und keine roten. Sollte wohl alles so sein, lange sind die aber auch nicht mehr schwarz, diese schwarzen Zahlen…
Unser Urlaub in Kolumbien war bis dahin jedenfalls alles andere als teuer, so waren wir von Palomino aus wieder spottbillig mit dem Bus zurück über Santa Marta bis Ciénaga gefahren, einer kleinen Stadt, die alles andere als touristisch überlaufen ist. Dort haben wir dann auch ein bißchen gut Hass von den Einheimischen zu spüren bekommen, denn die Corona-Angst hatte das Land gepackt und wir als weiße Backpacker waren hier scheinbar sowieso nicht so gerne gesehen und nun auch noch wandelnde Viren. Sagen wir so, es machte nicht wirklich Spaß, dort durch die Straßen zu schlendern, die allgemeinen Vibes waren irgendwie unkuschelig, wir wurden größtenteils verächtlich angeglotzt und viel zu sehen außer dem üblichen Trubel gab es sowieso nicht. Der Strand war allerdings Bombe und das Wasser pisswarm, irgendwann wird es hier sicher alleine schon deswegen mehr internationalen Tourismus geben, Kolumbien ist diesbezüglich noch alles andere als Überlaufen, höchstens an den Epizentren. Allerdings wurde ich am zweiten Abend von den Bullen aus dem Wasser gerufen, natürlich keine Erklärung warum (die stellen sich da ja ein bißchen an mit den Strömungen, aber da war gar nichts Strömung nicht). Wir sollten ein paar Tage später von anderen Backpackern erfahren, daß es im Land nicht den Anschein haben solle, man könne noch entspannt Urlaub machen, nix mehr Bounty und Bacardi, ab nach Hause, aber subito!
Und dazu muß ich sagen, daß es in Südamerika eigentlich zum guten Ton gehören sollte, wenigstens ein paar Brocken Spanisch zu sprechen, Olga und ich kommen zusammen auf ein paar Dutzend Vokabeln und das ist einfach zu wenig. Denn Spanisch sprechen erleichtert einfach alles vor Ort und zeugt auch von Respekt, den man Menschen entgegenbringen sollte, deren Land man besucht. Das war mir damals in Costa Rica schon klargeworden, und als ich dann in Peru war, hatte ich auch angefangen, ein bißchen mit Sprachführer zu lernen, dann hieß es, wir bauen jetzt in Brasilien und mir kam sofort zu viel Portugiesisch dazu, alles so 2013 geschehen, somit leider immer noch: No hablo Espanol, compendre!? Naja, wir haben uns immer ganz niedlich durchgewuselt, und wie sich bei späteren Polizeikontrollen, zu denen ich gleich noch kurz kommen werde, bestätigte, ist es manchmal ja auch von Vorteil, wenn mensch nicht die Sprache spricht wie die Obrigkeit. Das kannte ich auch schon aus anderen Ländern, es gibt nämlich erstaunlich viele Orte auf der Erde, wo die Menschen kein Wort Englisch verstehen, siehe da!
Wir waren jedenfalls irgendwie froh, als wir Ciénaga mit dem Bus hinter uns ließen, Richtung Cartagena, wo wir uns ein Zimmer für die letzten drei Nächte gebucht hatten. Cartagena ist ein weiterere Touristenmagnet in Kolumbien, aber ebenso auch aus gutem Grund, gehört die Altstadt mit ihrer Stadtmauer doch zu den besterhaltensten Kolonialstädten der Welt. Wirklich beeindruckend schön, Postkartenmotive an jeder Ecke, und wir hatten tatsächlich das Glück, an unserem Abend diese von Touristen sonst so überlaufene Stadt fast menschenleer vorzufinden. Da hatten wir aber auch noch nichts von der Ausgangssperre gehört, bis uns mal eine von den vielen Polizeistreifen ziemlich deutlich mit Google Translator versuchte klarzumachen, jetzt sofort ab ins Hostel, die Worte ‚Fine‘ und ‚Police Station‘ leuchteten u.a. auf dem Display auf.
Diese Situation sollte sich am nächsten Abend etwas verschärft nochmal wiederholen, als wir gerade auf der Stadtmauer nahe unserer Unterkunft noch bei Sonnenuntergang einen Joint geraucht hatten (und zum Glück wirklich gerade fertig damit waren). Wir dachten halt, Ausgangssperre heißt, wenn es dunkel ist, von sechs Uhr hatten wir noch nix gehört, wir waren halt noch voll auf Karibik und uns der Lage der Situation noch immer nicht so ganz bewußt. Diesmal wurde zumindest ich auch komplett durchsucht und es fiel das Wort ‚Marihuana‘, aber wir konnten den beiden Schergen klarmachen ‚dos minutos hostal‘ und daß wir dort auch unsere richtigen Pässe hätten und nicht nur abgenutzte Kopien. Also abermals mit einem blauen Auge davon gekommen, vormittags hatten wir schon Spaß gehabt, weil wir uns halt für die Quarantäne noch ein bißchen Weed holen wollten, und die guten Pusher mitten in der Fußgängerzone etwas überreagierten, weil sie wohl auch merkten, daß ihnen langsam die Kunden ausgehen und andere dafür den Corona-Zuschlag nicht bezahlen wollen, sagen wir so, Straßenkauf kann auch streßfreier ablaufen. Keine fünf Minuten später, als wir gerade an der Uferstraße hinter der Stadtmauer durchatmen wollen, werden wir Zeuge einer Verfolgungsjagd, bei der ein Motorrad-Cop bei sechzig Sachen versucht, den Gauner vom anderen Moped zu treten, bevor sie hinter einer Brücke verschwinden. Also echt filmreif, ob sie den wohl noch gekriegt haben? Jedenfalls schwer was los in Cartagena, einmal mit alles bitte!
Wir versorgten uns also mit dem Nötigsten für die abendliche Quarantäne, hatten aber auch tagsüber nicht mehr so wirklich Bock, stumpf rumzuschlendern. Wir hatten dann aber auch einmal mehr extrem Glück mit unserer Unterkunft gehabt, die letztendlich aus fünf einzelnen sehr geräumigen Doppelzimmern inklusive Bad und einer Freiluftküche und Terrasse im Hinterhof bestand, allerdings waren wir die ganze Zeit die letzten Gäste quasi und hatten somit alles für uns und unsere Ruhe zum Quatsch machen und so. Ich hab` auf jeden Fall lange nicht so viel Comedy an einem Stück gesehen, Internet ist ja nicht nur doof, wenn ich auch nach wie vor nicht verstehen kann, wie ihr alle den ganzen Tag auf diese Mini-Smartphone-Bildschirme starren könnt, wirste blöd bei letztendlich. Aber jut jelacht ham wa…
Natürlich haben wir nebenbei auch versucht, so gut es die Berichterstattung eben zuläßt, uns ein bißchen zu informieren, was zu Hause und im Rest der Welt mit all dem Corona so vor sich geht und dann kam noch so ein Pantöffelchen, mit dem wir uns beschäftigen durften, und zwar gab Henrik zwischendurch per WhatsApp durch, daß einer seiner drei Praktikanten seit einem Tag sämtliche Symptome vorweisen würde, aber es gäbe halt zu wenig Tests, sha-na-na… Zwei Wochen zuvor hatten wir dem noch die Hand geschüttelt, es wurde dieselbe Toilette benutzt, eine große Frage dieser Zeit gerade ist ja, was ist Vorsicht und was ist Panikmache? Und wie verhält man sich dabei am besten, gerade wenn mensch die Krankheit auch haben kann, ohne großartig Symptome vorzuweisen? Olga und ich fühlten uns durchgehend blendend und haben in den zwei Wochen viel viel Rum getrunken, wir hatten die Kubikmeterzeit für Symptome gesund überschritten, oder doch nicht!? Mensch weiß ja bis jetzt viel zu wenig und ich hatte wegen Henriks Praktikant keine Angst, daß ich Corona haben würde oder bald sterben müsse, aber es war auf einmal wirklich nahe und ich wurde mir meiner Verantwortung bewußt. Schließlich war es noch ein weiter Weg mit viel Flugzeug bis nach Hause, und ja, angesteckt werden ist das eine, andere anstecken das andere…
Aber so schnell lassen sich Norddeutsche auch nicht aus der Ruhe bringen, ich ließ` es mir dann auch nicht nehmen, am letzten Abend kurz vor Sechs noch zwei Spots kurz vor unserer Haustür zu skaten, und so konnte ich mit Olga`s Hilfe noch zwei schöne Ollies für den nächsten Part einsacken, bevor sich Kolumbien in die komplette Ausgangssperre begab, zwei Tage vor Deutschand, die dort auch anders durchgesetzt wird als hier… Ach wir hatten das schon noch nett auf den letzten Rest, klar, unser Urlaub würde nur halb so lang sein wie geplant und wir hatten dafür sogar ordentlich draufgezahlt, aber im klassischen Sinne war es bis dahin der perfekte Urlaub gewesen, eben einmal mit alles bitte! Und noch waren wir ja gar nicht zu Hause, würden unsere drei Flieger fliegen? Überhaupt und wenn ja, auch in der richtigen Reihenfolge? In Cartagena konnte man uns dann Samstagmorgens sogar in einen Flieger vorher stecken, die waren froh, daß sie uns los waren (geiles Zitat noch vom Google Translator Soanisch-Deutsch der schwer genervten Dame beim Bag Droppen, wo es Probleme mit meinem Board gab: „Das Skateboard kann nicht gehen, also sollten sie auf ein Feld gehen, um es senden zu können.“ Alter…).
In gut neun Stunden mittenmang zahlreicher europäischer Touristen, die dann in Bogota wie wir auf die letzten Interkontinentalflüge warteten, näherten wir uns so langsam dem Phänomen des Mindestabstands und gaben unser Bestes, uns neue Benimmregeln wie möglichst nichts anfassen, regelmäßig Hände waschen und Muttis gutes altes ‚Finger aus dem Mund!‘ anzueignen, gar nicht so einfach, wenn man wie ich chronisch an seinen Nagelbetten rumknabbert, vor allem wenn man wartet und sich langweilt. Olga und ich waren nach diesen sehr intensiven zweieinhalb Wochen auch einigermaßen Gaga, aber schlugen uns wacker, Humor ist, wenn mensch trotzdem lacht (und zwischendruch muß mensch sich auch einfach mal auf die Fresse hauen und alles raus lassen, is` nur menschlich). Und nachdem den ganzen langen Tag relativ sicher schien, daß unser Flug wohl fliegen würde, spielte sich beim Boarden dann noch folgende Szene ab, denn wir gehörten schon zu den letzten in der Schlange: Olga rechts bei der Counterin, ich links bei deren Kollegin, sie bekommt eine Bordkarte, ich werde mit dem Verweis ‚Stand by‘ gebeten, mich zu einer Gruppe anderer unglücklicher Backpacker zum Warten zu stellen. Jetzt rastet Olga aus, wie ich es nur aus ihrer eigenen Küche kenne, und irgendwie bekomme ich dann doch sehr schnell eine der letzten Bordkarten. Bevor wir dann im Flieger noch mit unseren Nachbarn versuchen wollen, Plätze zu tauschen, damit wir die zehneinhalb Stunden zusammen sitzen können, müssen wir aber noch eine Drogenkontrolle mit Abklopfen und Hund und allem über uns ergehen lassen, dann sagen wir ‚Tschüß, Kolumbien, hasta la vista!‘.
Olga`s Sitznachbarin ist dann im Gegensatz zu meinen beiden kooperationsbereit und willig zu tauschen, wir mögen doch bitte nur dafür sorgen, daß sie ihr vegetarisches Essen bekommt, was wir später natürlich pflichtbewußt erledigen. Tja, und als wir uns dann wiedervereint für einen langen Flug rüsten, läßt sich neben uns ein junger Dude aus Dresden fallen, der vorher noch in der Stand-By Gruppe gewartet hatte. Sein Name war tatsächlich als letztes aufgerufen worden und er bekam den letzten Platz im Flieger, ein paar Leute mußten eben da bleiben und hoffen, in den nächsten 24 Stunden irgendwie nach Europa zu kommen, weil unser Flug einfach überbucht gewesen war. Keine Ahnung, mit dem wie vielten blauen Auge wir inzwischen davon gekommen waren, denn uns war spätestens jetzt klar, daß wir zu Hause definitiv besser aufgehoben sein würden, als im kolumbianischen Quarantäne-Exil auf einem kleinen Hotelzimmer in Flughafennähe, denn Sonne ist auch nur richtig geil, wenn mensch raus darf, wie wir gerade in den letzten Tagen auch mal wieder in Deutschland erfahren haben.
Also wie gesagt, wir sind in letzter Minute raus da und die sechs Stunden Aufenthalt in Barcelona – also Spanien, ganz weit vorne mit dabei – waren an dem ziemlich menschenleeren Flughafen natürlich auch sehr gespenstisch, dafür konnte man hier aber noch ein zünftiges Sixpack kaufen und nicht nur ein Bier pro Person wie in den Kolonien. Auch der Flieger nach Frankfurt sollte fliegen und so standen wir dann letztendlich gegen acht Uhr Sonntagabends im Frankfurt Hauptbahnhof, und Olga hatte noch nie Frankfurt Hauptbahnhof erlebt, weder bei Nacht noch bei Tag. Und sagen wir so, der ist ja in gewissen Belangen Südamerika nicht ganz unähnlich, und auch hier merkte man, den Bettlern und Opfern gingen die Kunden aus… Schnell zum Südbahnhof, um noch einen ICE nach Hamburg zu kriegen und die letzte Bewährunsprobe zu bewältigen, ICE fahren ohne Ticket! Eine Freundin von Olga hatte in den letzten Tagen mehrfach betont, die Schaffner schaffen nicht, ich als Bahn-Veteran konnte das nicht ganz glauben, und so hatten wir schon in Cartagena versucht, online Tickets zu besorgen, weil rechtzeitig buchen = billiger, nä!? Während des Buchungsvorgangs war dann die Internetverbindung zusammengebrochen und als wir es wiederholen wollten, war die Buchung schon vorgenommen. Drei Tage später war aber immer noch kein Geld von meinem Konto abgebucht worden, wir wußten also nicht, ob wir irgendwann irgendwas vorzuweisen hätten und ob das überhaupt nötig sein würde und ließen es einfach mal drauf ankommen…
Und natürlich, wie das im ICE so üblich und normal ist, zehn Minuten nach Abfahrt klopft eine hübsche Schaffnerin an die Tür (haben die neue lila Uniformen? Ich liebe Lila…), Olga setzt nur ihre Maske auf und sagt, wir kommen grad aus Kolumbien und Barcelona, und schon wird die Tür zu unserem Abteil wieder zugezogen, ja guck`, geht doch! Wir ließen die Korken knallen, hatten wir uns doch am Bahnhof mit `ner Pulle Rum und Bier eingedeckt und uns vom Verkäufer die alte Weisheit ‚Rum ist gut in diesen Zeiten‘ nochmal bestätigen lassen, quasi vom Fachmann für Kenner. Morgens um Zwei stiegen wir dann stockbesoffen in Hamburg-Dammtor aus, und backpackten uns, mit Olga`s Smartphone so laut Heavy Metal hörend, wie es nun mal eben nicht geht, durch die menschenleeren Straßen ins Schanzenviertel. Wir sind natürlich nicht sofort ins Bett und mußten erstmal kurz Luft holen, bis wir in den frühen Morgenstunden noch super rumbumsten, zu Hause ankommen hat ja immer so etwas Betörendes. Und es waren ja auch unsere Flitterwöchlein gewesen, die jetzt erst richtig losgehen, auf die Generalprobe gestellt und zu -wochen werden sollten, aber davon erzähle ich euch dann beim nächsten Mal, wenn es heißt: Corona – Quarantäne zum Selbermachen!
Keuch, hust, schlabber, lechz,
Arne
P.S.: Der Fall im D`CADA Headquarter hatte sich dann zwischendurch übrigens auch aufgeklärt, kein Corona, aber nach wie vor lecker Saft! Prost, Henrik!