Hallo, liebe Leute!
Oder Sabai dii, wie mensch hier in Laos sagt, geschrieben wird das natürlich anders, wir sind schließlich in Asien, die haben bekanntlich andere Schriften… Und Südostasien, um genau zu sein, und zwar in Vientiane, der Hauptstadt von eben Laos an der nördlichen Grenze von Thailand, getrennt durch den Mekong, um ganz genau zu sein. Wie letztes Mal schon erzählt bin ich hier auf meinem zweiten MakeLifeSkateLife-Projekt, angekommen nach einem Flug über Dubai und Hanoi am Donnerstag den 19. mit einer Punktlandung um 17.40 Uhr. Und es ist gut, daß ich hier bin, denn durch einen glücklichen(???) Zufall erfuhr ich ein paar kurze Stunden vor Abflug, daß ich Mitte Februar etwas über 17.000,- Euro Steuern zahlen muß, womit ich in dieser Größe so nicht gerechnet habe und die ich gerade in dieser Form auch nicht habe, und das alles, obwohl ich meiner Steuerberaterin etxra gemailt habe, nachdem ich meine Papiere fürs letzte Quartal `22 eingereicht hatte, sie möge, bis ich Mitte März wieder da bin, steuertechnisch den Ball bitte flach halten. Ja, Pustekuchen an dieser Front, zum Glück kann mein Herrchen mir da im fernen Europa gerade aushelfen, dickste Küßchen dafür nochmal in die Heimat! Und wenn jemand von euch zufällig jemand Gutes kennt, der oder die sich mit diesem lästigen Thema Steuern auskennt und das sogar beruflich macht, gerne bei mir melden, ich brauche diesbezüglich definitiv neue Fachberatung für die nächste Saison. Also ganz simple Jobanzeige: SteuerberaterIn gesucht, melden bei mich!
Somit war ich tatsächlich für einen kurzen Moment echt am Überlegen, ob ich den ganzen Trip nicht besser in allerletzter Minute absage, weil ich mir das ganze Vergnügen rein rechnerisch gerade überhaupt nicht leisten kann und lieber ratz fatz wieder irgendwiewowas arbeiten sollte, um meine Schulden sprich Steuern zu bezahlen. Aber nach dem beschissenen Jahr 2022 war mir auch klar, daß mir das echt den Rest geben würde, denn ich benötige diesen Urlaub und “Tapetenwechsel“ wirklich und habe ihn mir redlich verdient. Das trichterte mir auch Olga an diesem Morgen immer wieder ein und direkt nach meiner Ankunft hier war mir ebenso klar, daß es die richtige Entscheidung war, nicht daß ich das je in Frage gestellt hätte. Denn 30° Grad im Winter überzeugen mich immer wieder, hätte ich jetzt noch drei Monate bis zum Frühling in meiner Hütte im kalten, nassen und vor allem dunklen Angeln verbracht, wären meine Batterien auf jeden Fall komplett leer gesaugt. Was ich genau jetzt gerade brauche, ist Reset und Recharge, einmal Festplatte löschen und Akkus aufladen bitte! (Und ich erzähl` euch jetzt lieber nicht, was meine geliebte(?) Freundin gerade gebracht hat…)
Und von wegen Urlaub, bis jetzt haben wir bis auf die beiden Sonntage eigentlich nur gearbeitet, und zum Teil auch recht hart, weil wir hier halt keine Betonpumpe haben und aufgrund der örtlichen Begebenheiten den Beton mit Schubkarren und Schaufeln in die Flächen bringen müssen. Und wir haben schon reichlich betoniert, eigentlich ist der knapp 400 Quadratmeter große Park fast fertig, es fehlen nur noch eine Plattform und das Flat, machen wir in den nächsten beiden Tagen! Ich war auch komplett überrascht, was die vier, fünf Jungs, die schon eine Woche vor mir gekommen waren, in sechs Tagen auf die Beine gestellt hatten, sämtliche Mauern waren hochgezogen, Erdarbeiten erledigt sowie der Großteil der Schweißarbeiten und gut die Hälfte der benötigten Verschalungen und Bewehrungen, also echt Respekt, Männers!
Naja, und einen Tag nach mir trudelten dann noch vier Kollegen ein und seitdem haben wir in sämtlichen Richtungen Gas gegeben, ohne uns dabei abzuhetzen, und ordentlich Strecke gemacht. Aber vielleicht eins nach dem anderen und vorne angefangen, und ich möchte euch dabei in erster Linie erstmal vor allem die tollen Leute vorstellen, die ich (zum Teil und halbwegs in dieser Reihenfolge) hier kennengelernt habe und mit denen ich dieses schöne Projekt verwirkliche. Und das alles fängt mit Tom Drury an, der mich auch am Flughafen in Empfang genommen hat. Tom kommt aus South Australia aus einem kleinen Ort im Outback mit dem phantastischen Namen Broken Hill. Er hat schon ein paar Jahre seines Lebens in Südostasien, hauptsächlich Thailand, verbracht und ist derjenige, der überhaupt dieses Projekt gestartet hat, weil er gesehen hat, daß Laos im Gegensatz zu Thailand keinen einzigen öffentlichen Skatepark für die kleine, aber durchaus existente Szene vorzuweisen hat. Thailand hingegen geht in dieser Richtung wohl total ab und ich wußte ja, daß es dort eine gute große Skateszene gibt, aber von den Erzählungen her scheint die viel krasser und ausgereifter zu sein, als ich es gedacht hatte. Wie schön, schließlich fliege ich ja von Bangkok zurück und wollte auch noch einige Zeit in Thailand verbringen…
Jedenfalls hat Tom damit angefangen, Spenden für dieses Projekt zu sammeln, und die Art und Weise, wie er das getan hat, ist relativ unglaublich und genau einer der Gründe, warum ich so ein Bock auf dieses Projekt hatte/habe und es unbedingt irgendwie in meinen jährlichen Winterurlaub einbauen wollte. Um nämlich interessante und einfach geile Menschen wie Tom kennenzulernen, das haben mir gerade diese sozialen Projekte in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, alle voran das in Nepal vor sechs Jahren.
Ich war ja damals für einen Monat in dem kleinen Städtchen Pokhara am Fuße der Annapurna Range, von wo nahezu sämtliche Bergwanderungen auf ein paar der höchsten Berge dieser Welt losgehen. Und mit gut 80 Freiwilligen aus, ich glaube, 18 Nationen – bis auf Südamerika war jeder Kontinent vertreten – die während dieses Monats kommen und gingen und von denen mindestens die Hälfte noch nie mit Beton zu tun gehabt hatte, haben wir in drei Wochen einen fast 1800 Quadratmeter großen Skatepark gebaut. Da ist mir zum ersten Mal richtig aufgegangen, was mensch mit Manpower alles erreichen und schaffen kann, und sorry an dieser Stelle für dieses Wort, denn es waren auch reichlich Damen mit dabei. Ebenso habe ich dort natürlich nahezu ausschließlich tolle Charaktere und Menschen kennengelernt, denn jede(e), der/die einen sehr teuren Flug bezahlt, um für ein Dach über`m Kopf und eine warme Mahlzeit am Tag bei 35° Grad Hitze hart und dreckig zu arbeiten, muß einen positiven Knall haben. Auch und gerade das macht mir immer wieder bewußt, mit was für langweiligen und gleichgültigen Flachpfeifen ich dann durchschnittlich zu Hause so mein Leben teilen, oder besser gesagt bestreiten, muß. Im Ernst, meine Süßen, ist das alles, was ihr habt und wollt? Und das bei all den Möglichkeiten…
MakeLifeSkateLife hat inzwischen etwas den Ansatz geändert und ist ein bißchen professioneller geworden, d.h. die Zeiten der Builder Jams sind vorbei und heute baut man da auf kleinere Teams, die ein bißchen was von dem verstehen, was sie tun, doch der alte Flair ist geblieben, wie ihr gleich noch lesen werdet. Und damit zurück zu Tom, der ein durchweg fröhlicher, hilfsbereiter und liebenswerter Mensch ist, den ich noch umso mehr gleich von Anfang an ins Herz geschlossen hab`, weil er eine verblüffende Ähnlichkeit mit meinem Lieblings-deutschen-All-Terrain-Skater aller Zeiten, dem werten Möller Erik, hat.
Und da nochmal ein kleiner Einwurf so als Weltreisender, aber euch ist mit Sicherheit auch schon mehrmals im Leben jemand begegnet, der euch von den Gesichtszügen und allem komplett an jemand anderen erinnert hat, sei es ein Freund oder eine Bekannte oder eine Persönlichkeit des Öfftentlichen Lebens, wie mensch so schön sagt. Genau das kann euch auf jedem Kontinent und in jedem Kulturkreis passieren und ist der beste Beweis dafür, daß die Menschheit nun mal nur über einen limitierten Genpol verfügt und dementsprechend bei erschreckenden knapp neun Milliarden Menschen solche Ähnlichkeiten einfach normal sind, ganz egal, ob Schwarz oder Weiß, Asiatin oder Latino. Und ich kenne halt viele Menschen und habe schon viel gesehen und die süße Laotin, die mir letztens meinen Cola-Rum verkauft hat, als wir nach Feierabend bei einer Art Kunst-Happening im Französischen Institut zum Essen waren, hatte das gleiche Gesicht und die Miemick wie meine gute alte Freundin Anna. Ich konnte gar nicht mehr weggucken, weil ich das so faszinierend fand, und sowas hatte ich schon überall auf der Welt.
Aber nun endlich mal zu Tom und seiner Geschichte, der ist nämlich mit seiner Happy-go-lucky-Attitüde einfach mal von Melbourne im Süden Australiens bis in den höchsten Norden nach Cairns in Queensland g-e-s-k-a-t-e-t. Das sind über 4000(!) Kilometer und, Alter, ich war dreimal in Australien und kenne die Hitze da unten sehr gut, vor allem aber auch die Tatsache, daß der Großteil der Straßen sowas von ruppig ist, weil das Land halt einfach ruppig ist und die meisten Menschen außerhalb der Städte eh 4-Wheel-Drive Pick-up Trucks fahren. Also echt, diese Strecke zu skaten sollte nichts als Respekt ernten, und er hat dafür etwas über vier Monate gebraucht und konnte knapp 46.000,- Australische Dollar zusammensammeln. Und wie er erzählt und auch sein Bruder bestätigen kann, der nachträglich noch unsere Gruppe erweitert hat, ist er das Ganze alles andere als athletisch angegangen, sondern mehr oder weniger nach einen durchzechten Wochenende dann einfach so losgefahren, um auf dem gesamten Trip noch mehr und mit natürlich völlig fremden Menschen zu zechen, die Australier haben ja nun mal Bier als Blut.
Das ist alles 2019 passiert und zwischendurch ist Tom dann über Google bei MakeLifeSkateLife gelandet, mit denen zusammen das Projekt dann weiter gereift ist. Ja, und dann kam Corona – oder Covid, wie mensch fast überall auf der Welt außerhalb Deutschlands sagt – und die Mission lag etwas auf Eis, aber nun wird sie halt gerade Wirklichkeit. Tom war nur mit dem Motorroller zum Flughafen gekommen, mich und mein Gepäck inklusive 30kg Skateboards zu unserer Unterkunft gefahren hat dann Santi, ein Australier mit laotischen Wurzeln, der seit zehn Jahren hier lebt und im Vorfeld und nun während des Baus einiges geregelt hat und regelt, weil er auch fließend die Sprache spricht und sich hier natürlich wie kein anderer von uns auskennt.
An dieser Stelle sei noch Phillipe erwähnt, ebenso wie Santi “nur“ Inlineskater, aber ebenfalls mit laotischen Wurzeln gesegnet, würde ich einfach mal sagen, weil die Laoten wirklich ein sehr freundliches und friedliches Volk sind. Philippe ist auch so ein Freak für sich, geboren und aufgewachsen in Paris, hat er auch schon die halbe Welt gesehen, weil er lange als Barkeeper einer französischen Resort-Kette in verschiedensten Ländern gearbeitet ha (Fun Fact nebenbei, angeblich hat er auch schon mit 2000 Frauen geschlafen, hihi…), Er lebt seit sechs Jahren hier und ist mit Santi zusammen die treibende Kraft der älteren Herren in der hiesigen Rollsportszene, und wenn er sagt, er besorgt Gras, dann kommt er am nächsten Tag mit einem 48g Beutel feinstem Material für nicht mal zehn Euro an Start, auf jeden Fall gut, ihm im Team zu haben, auch wenn er Job-bedingt immer nur manchmal nach Feierabend auftaucht. Ah jo, und dann ist da noch Caesar, ein Skater aus Montpellier, den ich erst vor ein paar Tagen kennengelernt habe. Der ist hier nach einer Reise einfach hängengeblieben, weil ihm Land und Leute so sehr gefallen. Ebenfalls ein sehr sympathischer Mensch, der französischer nicht sein könnte und mich positiv an meine alten Montage-Zeiten in Frankreich erinnert, er hat die Location klargemacht, wo wir den Skatepark bauen, nämlich neben dem Hi5 Football Field, einer kleinen Sportanlage etwa zehn Autominuten nördlich des Stadtzentrums. Wobei man sagen muß, daß Vientiane eine sehr überschaubare und äußerst entspannte Hauptstadt ist, vor allem für Asien.
So, am Donnerstagabend meiner Ankunft ging es dann in eine Art Biergartenrestaurant (jeden Abend lokale Popmusik live!), wo ich auf die anderen traf. Das sind zuerst Mal Kjell van Hansewyck aus Belgien, der quasi den Projektmanager darstellt, angestellt bei MakeLifeSkateLife mit zwei im letzten Jahr erledigten Projekten im Nacken, als da wären Lybien und eins im allernördlichsten Kanada in einer Inuit-Gemeinde. Vor gut zwei Jahren hat MakeLifeSkateLife nämlich nach einem neuen Projektmanager gesucht, und ich war tatsächlich kurz am Überlegen, ob ich nicht den Job übernehmen soll, aber mir wurde sehr schnell klar, daß ich nicht den Hampelmann sprich Vorarbeiter bei solchen Projekten machen wollen würde, wobei ich immer einen guten Vorarbeiter abgebe. Aber ich mache sowas ja lieber als Urlaub und außerdem hab` ich kein Smartphone und will auch keins haben, und sowas braucht mensch heutzutage für einen solchen Job wohl einfach, zumindest im interkontinentalen Ausland. Egal, Kjell kenne ich schon seit ein paar Jahren, weil wir bereits auf diversen Projekten in Frankreich und Belgien zusammengearbeitet haben in meinen guten alten Concrete Flow-Zeiten, und nachdem ich lange genug sein Vorarbeiter war, muß ich nun sagen, er macht seinen Job ganz hervorragend!
Gleiches gilt für Dieter Nys aus Antwerpen, ebenso einer meiner Lieblingsbelgier, mit dem ich schon viele gute Zeiten zusammen hatte, vor, während und nach der Arbeit. Ebenso eine durchweg fröhliche und liebenswerte Persönlichkeit und ein absoluter Shredder vor dem Herren, oder habt ihr schon mal jemanden gesehen, der im Vorbeifahren mit Bierflasche in der Hand mit der hinteren Achse einen Polegrind an einem senkrechten Laternenmast macht? Dieter`s got mad pop and skills, I tell ya!
Dann sind noch mit im Boot Wade und Samantha, die ich beide schon damals in Nepal kennengelernt habe. Wade ist nach mir der Zweitälteste und ein Architekt aus Melbourne, der schon seit 20 Jahren Skateparks designed und für die MakeLifeSkateLife Projekte verantwortlich ist und alleine für seinen geilen Aussie-Humor gern gehabt werden muß.
Und Samantha aus Amiland ist ebenso fester Bestandteil der MakeLifeSkateLife Crew und als Photographin so ein bißchen Mädchen für alles hinter den Kulissen, was Orga und Social Media usw. angeht. Hauptsächlich sorgt sie hier aber vor allem dafür, daß wir alle satt und zufrieden sind – und zwar auf gesunde Art und Weise – und ich muß sagen, ich bin es wirklich nicht in dieser Form gewohnt, drei volle Mahlzeiten am Tag zu mir zu nehmen. Also vor allem auch liebsten Dank an Sam, daß hier niemand verhungert oder verdurstet! Ganz im Gegenteil, mit all den Bieren nach Feierabend fühle ich mich regelrecht gemästet, muß ich sagen, aber ey, ich Urlaub…
Am Start ist ebenfalls Eli, ein 25-jähriger Ami aus Pennsylvania, der sich selber eher in die Rubrik Rampensau einordenen würde und sich wie kein anderer auf die frischen Transitions im neuen Park freut. Eli hat diesen geilen amerikanischen East Coast Slang und er erzählt gerne Geschichten aus seinem ziemlich Skateboard-geprägtem Leben, und es ist immer wieder eine Freude, ihm dabei zuzuhören, wegen seiner irgendwie witzigen Stimme und weil Eli auch eine gehörige Portion Punk im Blut hat.
Das sind die Jungs (und das Mädel), die schon vor mir hier war, einen Tag nach mir angereist sind dann noch die drei Inder, Darius, Khadir und Subba aka Chicken, von denen ich die ersten beiden ebenfalls schon aus Nepal kenne. Darius ist Teilhaber der indischen Skateparkfirma 100 Ramps, die sich auf die Fahne geschrieben haben, mindestens 100 Skateparks in ihrem Land zu bauen (das allererste MakeLifeSkateLife Projekt fand damals 2013 in Bangalore statt) und somit nicht ganz so Blue Collar wie seine beiden Mitstreiter, er skatet nach drei Knie-OPs auch nicht mehr so wirklich.
Khadir dagegen ist 100% Skate-Rat, ebenso wie Subba, der eigentlich Yubraj Subba heißt, aber letzte Woche allgemein Chicken getauft wurde, nachdem es in einem Restaurant gefühlte fünf Minuten lang darum ging, ob sein ihm serviertes Gericht jetzt Chicken oder Pork sei. Subba ist halber Nepalese mit noch ein bißchen chinesischem Blut dazwischen und man könnte ihn auch Motormouth oder Chatterbox nennen, denn eigentlich ist er die ganze Zeit immer irgendwie am Sabbeln und durchweg total niedlich dabei (von ihm stammt auch der legendäre Satz ‚My balls are bigger than my dick‘). Er und Khadir arbeiten beide für 100 Ramps und sind stets hochmotiviert.
Kompletter Neuanfänger in Sachen Beton, zumindest was die Praxis angeht, ist dagegen Alan Kwan, ein 37-jähriger gebürtiger Hong Konger muß mensch wohl sagen (was gleich um die Ecke liegt), welcher in Kanada Architektur studiert hat und als ein solcher Architekt lange in L.A. und New York gearbeitet hat. Ein eher schüchterner und zurückhaltender Mensch, der vor anderthalb Jahren seinen Job gekündigt hat und auf der Suche nach etwas Neuem bzw. Anderem ist, und ich glaube bzw. weiß, er wird hier gerade hervorragend inspiriert, wer weiß, vielleicht tut er sich in Zukunft mit Tom und Santi zusammen und verwirklicht hier noch mehr Projekte in Südostasien, also ich könnte mir das sehr gut vorstellen.
Und dann ist da noch Toms jüngerer Bruder Paul, der nach einem Thailand Urlaub letzte Woche noch zu uns gestoßen ist und mit einigen Kilo Manneskraft anpackt, wo er kann. Dem kann ich auch stundenlang zuhören, weil ich einfach den Aussie-Slang liebe und der könnte bei ihm nicht ausgeprägter sein.
Insgesamt also ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen, der allerdings eine wichtige Tatsache gemeinsam hat, nämlich den Glauben an Projekte wie diesem und ein dementsprechend höflicher und respektvoller Umgang untereinander. Soll heißen, wir sind in kürzester Zeit zu einer kleinern Familie und richtigen Crew zuammengeschweißt (wie das auf Skateparkbaustellen eigentlich immer so ist), und ich kann mir absolut nicht vorstellen, daß es hier in den nächsten zwei Wochen noch irgendwie mal Ärger oder Bad Vibes untereinander geben sollte. Ganz im Gegenteil, ich freue mich auf viele noch bessere Zeiten mit all diesen tollen Menschen, als ich sie bis hierhin schon hatte.
Ansonsten gibt es noch nicht sooo viel zu berichten, da wir uns bisher noch nicht aus Vientiane raus bewegt haben und uns erstmal Vollgas auf den Skatepark konzentrieren, damit wir diesen dann auch bald noch ausführlich genießen und austesten und vielleicht noch den ein oder anderen Kurztrip zusammen starten können, bevor es für die meisten wieder nach Hause geht und für mich sozusagen dann erst richtig los. Insgesamt ist mein erster Eindruck von Laos genau der, den der Reiseführer verspricht: Ein absolut gechilltes Land mit sehr schüchternen, aber äußerst freundlichen Einwohnern, welches seinen Nachbarländern in Sachen Tourismus mindestens zwei, drei Jahrzehnte hinterher hinkt, weil das offiziell kommunistische Land sich erst viel später der Welt geöffnet hat.
Somit bauen wir wie gesagt auch den ersten öffentlichen Skatepark der gesamten Nation, wozu ich sagen muß, das es hier tatsächlich doch bereits einen Skatepark gibt bzw. etwas, was dem Begriff entsprechen würde, nämlich den Caracter Skatepark. Das ist eine eingezäunte Anlage, die irgendein Superreicher aus dem Boden gestampft hat und die dementsprechend Eintritt kostest, den sich der Normalbürger nicht so wirklich leisten kann, was auch nicht unbedingt nötig ist, denn die Anlage ist insgesamt dann doch eher verpuscht.
So gibt es einen sehr langen Pumptrack aus Asphalt, der einen rein physisch sehr schnell müde werden läßt und dem leider die Übergänge und Hips fehlen, so daß er nach ein paar Mal Durchheizen langweilig wird, das muß mensch also als spaßigen Workout betrachten (damn, wie verwöhnt wir Skater heutzutage sind, in den `80ern wäre das der beste Spot der Welt gewesen). Dazu gibt es einen kleinen Bowl mit Transitions, die eher Banks sind, und eine Art Surfskate-Miniramp im Style des legendären Meanwhile II Spots in London, nur leider viel kleiner, von denen es in Thailand hunderte geben soll. Dazu noch eine sehr smoothe Betonfläche mit zwei großen Banks, wo eigentlich auch noch ein Streetparcours gebaut werden soll(te), das könnte die Besucherzahlen der Anlage ein bißchen in die Höhe treiben, wer weiß, vielleicht ziehen die ja da noch nach, wenn wir mit unserem Park erstmal fertig sind. Wie gesagt ist der Caracter Skatepark nicht unbedingt einen Besuch wert, auch wenn so smoofer Beton hier in der Stadt natürlich eher eine Seltenheit ist. Wobei ich überrascht bin, wie gut die Straßen hier sind – Laos gilt tatsächlich noch als eins der ärmsten Länder der Welt – aber sind sie halt auch erst 20 Jahre alt. Naja, und Dieter hat uns dann im Caracter Skatepark mal wieder gezeigt hat, daß mensch auch aus Scheiße Gold machen kann, was harte Tricks angeht.
Und dann haben die Locals – bzw. es war von denen wohl hauptsächlich einer – tatsächlich einen kleinen Ghetto-D.I.Y.-Spot mit ein paar Flatrails, Curbs und Sprockelrampen, was als der Hauptspot der lokalen Szene fungiert, allerdings nur noch bis Juni, denn das Gelände, wo der Spot steht, ist verkauft worden und wird bald bebaut. Dort hatten wir auch schon eine feine Session, die gezeigt hat, daß es hier ein paar gute Locals gibt, die unbedingt mehr benötigen, und außerdem daß der Dienstälteste aka Ich auch noch ein bißchen skaten kann. Ey, wegen des permanent beschissenen Wetters zu Hause war das meine erste Session nach zehn Wochen und ich war dementsprechend motiviert, und in Shorts und Tanktop geht`s immer besser, nä!? Dieter machte da noch einen unmöglichen Ollie über den Doppel-Speedbump, das einzige Betonelement an diesem D.I.Y.-Spot, aber erst nachdem Eli das Ding mit Early Frontside Grab geklärt hatte, und ich frage mich seitdem die ganze Zeit, welcher Transfer davon wahnsinniger war.
Gerade gestern waren wir noch an dem anderen Hauptspot, einem kleinen Park mit großem Springbrunnen in der Mitte, um dem mensch schön im Kreis skaten kann. Hier standen bis vor nicht allzu langer Zeit tatsächlich auch die Rampen vom D.I.Y.-Spot, aber irgendwie gab es wohl einen Regierungswechsel und dann wurde das nicht mehr gestattet, was sehr schade ist, denn der Spot ist an sich super und sehr zentral gelegen.
Dabei haben wir uns dann alle zusammen (bis auf Eli, der nicht trinkt) zum ersten Mal so richtig(!) besoffen bzw. irgendwie hab` ich die Crew mit Whiskey Cola abgefüllt. Es wurde dann noch ein bißchen im Springbrunnnen gebadet (nicht alle freiwillig) und später bestätigte Dieter dann glorreich meine schon viel zu oft unter Beweis gestellte These, daß Belgier keinen Schnaps vertragen und/oder trinken sollten und wir mußten leider ebenfalls lernen, daß eine Reggae-Party durchaus nur aus beschissenem Lounge-Techno bestehen kann. Insgesamt dann doch eine sehr ruhige Nacht, aber einige vernichteten Gehirnzellen…
Ich war eines Abends auch schon fein Street skaten, wie scheinbar immer alleine und mit Steady Cam ausgestattet, und konnte in einem 200m(!) Umkreis von unserem Guest House drei schicke Sachen eintüten. Und da gibt es noch reichlich mehr kleine Sprockelspots, für die ich Ideen habe, aber die eventuell zu verwirklichen geht immer nur später abends, wenn die Straßen leerer sind (es wird hier übrigens immer ziemlich genau um Sechs hell wie dunkel). Wenn es skatetechnisch weiter so gut läuft – was ich doch wohl schwer hoffen will, schließlich haben wir ja jetzt auch bald einen nagelneuen Skatepark zum Shredden – wird es auf jeden Fall im Frühling einen ausführlichen Tourclip auf Youtube von mir geben, ich hab` schon wenigstens einen super Song dafür, huuiiii!
Ach so, und wo ich schon unser Guest House oben erwähnte, das liegt idealerweise nur drei Fußminuten von der Baustelle entfernt und fungiert normal wie schon unsere Unterkunft in Uganda vor zwei Jahren eher so als 24-Stunden Motel, wo gerade junge laotische Pärchen, die oftmals auf kleinem Raum in Großfamilien leben, sich für ein kleines Bumserchen mal ein Zimmer leisten. Den Kondompackungen in den Mülleimern nach zu urteilen wohl eher mehrere Bumserchen innerhalb einer Nacht… Die Jungs und Mädels, die das Ganze hier betreiben, haben jedenfalls blöd geguckt, als Kjell und Co. hier nach einem Dutzend Zimmer für drei Wochen anfragten, wir haben somit also tatsächlich Einzelzimmer, womit ich im Leben nicht gerechnet hätte, aber ein bißchen Privatleben kann auf so einer Reise auch nie schaden. Und ey, ein Zimmer kostet wohl nur um die 3,- Euro pro Nacht, rechnet euch das selbst in Kip aus, der kleinste Geldschein hier ist der 500er, da gibbet also viele Nullen auf vielen Scheinen!
Jedenfalls hat Tom schon die Idee, irgendwie in Zukunft das Guest House mit in das Skatepark-Programm mit einzubeziehen, z.B. für Voluntäre und was nich` alles, was ich für eine brilliante Idee halte. Also sieben Boards für Kids zum Ausleihen und -probieren plus diversen Stuff habe ich ja schon mal mitgebracht (dafür schon mal dicken Dank an Mathias Noderer von Soul Distribution, den Caramba Skateshop in Flensburg und die Locals, die gespendet haben). Tom ist auf jeden Fall schwerst motiviert, in dieser Richtung weiterzumachen, und sein Skatepark ist ja auch tatsächlich schon bald fertig, wir freuen uns alle drauf! Nach dem Flat wären wir bis auf ein paar Malarbeiten durch und können unsere Kreation ausprobieren, die Eröffnung soll am 5. Februar sein und DJ BOARDSTEIN wird das Ganze ja wohl hoffentlich beschallen, yeah!
Ah jo, vielmehr gibt es jetzt gerade noch nicht unbedingt zu erzählen, ich bin gespannt, wann ich wieder die Zeit und Muße finde, darüber und alles weitere zu berichten. Das ist wie so oft bei mir vor allem auch eine Frage des Internets, was hier irgendwie jede(r) hat außer ich, obwohl ich ja sogar inzwischen ein Internet-fähiges Handy habe und mir zum ersten Mal im Leben eine ausländische SIM-Karte besorgt habe. Hotspotten klappt aber irgendwie trotzdem nicht, doch damit will ich euch jetzt nicht langweilen. Um zu wissen, daß ich mit allem extrem oldschool bin, dafür brauche ich nicht ans andere Ende der Welt fliegen und mit hauptsächlich deutlich jüngeren Menschen abhängen, das wußte ich und wußten wir ja nun auch schon vorher, nä!? Eins steht fest, Bürgerpest, es war die verdammt richtige Entscheidung, hierher zu fliegen, denn in Laos kein Chaos und, Zukunft, leck` mich erstmal am Arsch!
Hinrichtungsvoll,
euer Arne