DJ BOARDSTEIN GOES HONG KONG

Hallo, liebe Leute!

Wollen wir mal weitermachen mit meinem Südostasien-Trip, der ist und bleibt nämlich ganz einzigartig aufregend, aber hallo! Ich habe jetzt also acht Tage Hong Kong hinter mir gelassen, und was soll ich sagen? Ich bin sowas von froh und glücklich, daß ich mir diesen Abstecher geleistet habe…

Denn dazu gehört ja nicht nur der Flug dorthin, sondern auch das Verlängern der gesamten Reise, was im Vergleich sehr kostspielig war, also das Umbuchen meine Rückfluges. Und Hong Kong ist als eins der führenden Finanzzentren der Welt natürlich auch nicht so ganz billig, vor allem im Vergleich zu Laos und Vietnam, wo ich vorher war. Allerdings in den alltäglichen Dingen auch nicht so teuer wie Deutschland, bis auf die Mieten, Aller, was Lucas mir da so erzählt hat und was Familie Löhnert/Templin für ihre dann doch recht enge Wohnung zahlt… Dafür gibt es aber auch Lebensqualität und die mit Abstand faszinierendste und auf ihre ganz spezielle Art und Weise mit schönste Stadt, in der ich je gewesen bin. Was es also mit Hong Kong auf sich hat, darauf dürfte das erste Photo ja schon einen Vorgeschmack bieten, Hong Kong ist und kann aber viel viel mehr und das will und werde ich euch jetzt erzählen, zumindest so wie ich diese krasse Stadt erlebt habe…

Wenn man ein bißchen ranzoomt, läßt sich ein sehr hübscher Friedhof entdecken…

Da dann passenderweise bitte gleich mal das Krasseste und Krankeste zu erst: Ich hatte ja letztes Mal schon erzählt, daß meine Gastgeber seit einem halben Jahr im Stadtteil Southern Horizons ihr neues Heim gefunden haben, das ist logischerweise im Süden von Hong Kong Island auf einer Landzunge, was letztendlich mit der Metro nur zehn Minuten von Downtown sind (und hier trifft diese Bezeichnung mal sowas von zu), wenn mensch denn erstmal in der Bahn sitzt, denn die Wege im Metrosystem können zuweilen echt lang und mit seeeeeehr vielen und langen (Roll-)Treppen verbunden sein. Mir war halt vorher auch nie so richtig bewußt, wie bergig Hong Kong ist, aber die Stadt ist halt mehr oder weniger auf Felseninseln gebaut. Also irgendwie so wie Shanghai, wo wir Lucas ja vor acht Jahren mal besucht hatten, auf die Größe und das Gelände von San Francisco zusammengepreßt. Dabei aber größtenteils hochmodern, sehr sehr sauber und neu, denn daß die Chinesen Weltmeister im Bauarbeiter-Sein sind, zumindest was Schnelligkeit angeht, sollten ja alle mit etwas Allgemeinbildung mitbekommen haben. Und Höhe können sie auch, aber hallo!

Downtown hat dann also sowieso die spektakulärste Skyline, die ich je gesehen habe und die weltweit auch schwer zu toppen sein dürfte, egal von welcher Himmelsrichtung mensch sie betrachtet, es ist wirklich schwer, sich daran satt zu sehen und staunen. Aber auch der Rest der Stadt ist mit hunderten, wenn nicht tausenden von Hochhäuser zugebaut, die sich alle so mindestens im 40/50-Stockwerk-Bereich abspielen, so daß natürlich überall spektakuläre Kulissen geboten werden, die für jemanden, der aus einem 200 Einwohner-Dorf mitten in der nordischen Pampa kommt, zuweilen schwer zu begreifen sind.

Und dann aber überall zwischendurch, wie in Rio de Janeiro auch, waldige Berghänge- und Landschaften, in denen auch Affen und Wildschweine es sich so gut wie möglich gehen lassen. Hong Kong ist also auch sehr grün und hat dazu noch wunderschöne Strände und Buchten und relativ ruhige Ecken, und warm bis heiß ist es da auch das ganze Jahr durch, jetzt im Winter so 20 bis 25° Grad, wobei es abends und nachts auch kühl werden kann, weil Hafen-/Inselstadt am Meer, da weht auch mal eine kühlere Brise durch die engen Straßen und Gassen.

Jedenfalls eine Stadt mit über sieben Millionen Einwohnern, von denen gut ein Viertel aus dem Ausland stammen oder kommen. So, und jetzt schnallt euch an, denn nachdem ich meinen letzten Blog-Eintrag gepostet hatte, schreib ich Alan an, der Hong Konger, den ich in Vientiane kennengelernt hatte und der gerade auf seine ersten Familienurlaub seit 20 Jahren in Japan war, aber am Freitagabend zurückkommen sollte. Wir konnten also das Wochenende zusammen verbringen, was super paßte, weil Lucas und Alex sich ja rechtzeitig sehr teure Karten fürs Clockenflap Festival besorgt hatten, hauptsächlich wegen dem legendären Headliner Wu-Tang Clan, was restlos ausverkauft war und wo ich sowieso nicht mit hin gewollt hätte, so tight bin ich nicht mit den Boyz.

So, jetzt kommt`s endlich, nun ratet mal, wo Alan`s Eltern, bei denen er vor drei Monaten fürs erste wieder eingezogen ist, als inzwischen Rentner seit 20 Jahren wohnen, richtig, natürlich prompt auch in Southern Horizons. Jedoch nicht nur im gleichen Stadtteil, sondern in Block Nr.7, während mein Crib bei Lucas und Co. im zwölften Stock in Block 8 war und hoffentlich immer noch ist. Sie sind also direkte Nachbarn, keine schlechte Überraschung in einer 7 Millionen-Stadt, also supergeil, oder!? Krassere Zufälle hat das liebe Leben nur äußerst selten parat, also ehrlich…

 

Der “Ortskern“ von Southern Horizons, hier trifft man sich wieder…
Blick in die andere Richtung, also ich sollte da nicht wohnen…

Southern Horizons ist halt ein Stadtteil, in dem hauptsächlich Rentner und Familien leben und die Wohnblocks sind durchzogen von kleinen Parks und Freizeitanlagen sowie stylischen Promenaden und Arkadengängen, Aber fangen wir mal vorne an, so muß ich erstmal sagen, daß ich gerade die ersten drei Nächte, aber insgesamt eigentlich die ganze Woche, ganz hervorragend auf der Luftmatratze im Spielzimmer der Jungs geschlafen habe und krass wild tolle Träume dabei hatte. Alex meinte, das liege nach der Hitze in Südostasien wohl an der kühleren frischen Seeluft, und da mußte ich ihr absolut recht geben, sie ist aber auch eine smarte Schönheit, die Gute, und eine ganz tolle Mutter! Ja, das muß natürlich auch nochmal deutlicher erwähnt werden, denn ich wurde ja für meinen Aufenthalt dort Teil der Familie, die außerdem noch aus dem fünfjährigen Timothée, dem zweijährigen Emilien und dem “Unfall“ Hugo besteht, der vor einem halben Jahr in Hong Kong geboren wurde, äußerst gechillt der Kleene.

Dazu kommt dann aber noch die Nanny Mirasol von den Philippinen, die aber nicht mit dort wohnt, und die wird auch gebraucht, denn mit drei Rotzblagen in dem Alter hat mensch auf so engem Raum ganz schön was zu tun und immer kurze Nächte. Lucas arbeitet jeden Tag bis halb Eins an der deutsche Grundchule und Alex will auch bald wieder unterrichten. Scheint allerdings alles nicht so einfach und übernötig kompliziert zu sein mit den ganzen Genehmigungen und Papieren, aber das kennen wir aus Deutschland ja leider auch, nur ist das interkontinental ja nochmal ein anderer Schnack.

Onkel Arne zeigt Timothée auf seiner echt tollen Kinderweltkarte, wo er schon alles gewesen ist…

Also reichlich Alarm von morgens bis abends im Hause Löhnert/Templin und Onkel Arne mittendrin und dabei. Aber ich muß sagen, die gesamte Familie funktioniert ganz hervorragend und ist durch und durch zuckersüß, aber wenn Pädagogen Kinder erziehen, funktioniert das in der Regel ja auch sehr gut. Jedenfalls ganz erstaunlich, Timothée kann in seinem Alter schon drei Sprachen mehr oder weniger fließend sprechen, weil er halt zweisprachig erzogen wird, auf eine internationale Schule geht und mit Mirasol Englisch spricht. Also was das angeht, steht den dreien eine äußerst aufregende und vermutlich irgendwie erfolgreiche Zukunft bevor, wenn der Planet nicht vorher aufgibt oder wir uns selber vernichten. Aber Sprache ist Macht und verdammt viel wert, wenn man denn nicht ausschließlich zu Hause auf deutschen Couches glücklich ist.

Zusammen haben wir dann ein bißchen relaxt und Sightseeing gemacht und ich hab` mich erstmal ein bißchen eingegrooved in die Stadt, die am Anfang aufgrund ihrer Begebenheiten wirklich ein bißchen unübersichtlich ist, gerade wenn mensch zu Fuß unterwegs ist, und das auch noch ohne Smartphone. Doch selbst damit waren Lucas und Alex, die ja auch noch nicht so lange dort wohnen, manchmal überfordert. Aber Fußgängerbrücken – und davon gibt es dort wirklich unzählige, gerade Downtown – werden auf Google Maps so auch nicht immer deutlich angezeigt und oft geht mensch sowieso irgendwo runter, um irgendwo hochzugehen, und immer um tausend Ecken, weil es auch so viele Zäune, Geländer und Barrieren überall gibt.

Und Verbotsschilder, Alter, das kann Hong Kong auch wie keine andere Stadt, die ich bisher erlebt habe, außer Singapur vielleicht. Überall wo sich Menschen aufhalten, gibt es Schilder mit Verhaltensregeln oder eben Verboten, das gilt zum Beispiel vor allem fürs Rauchen im öffentlichen Raum, was mit hohen Strafen geahndet werden kann (im Morrison Hill Skatepark alleine hingen bestimmt 25 ‚No smoking‘ Schilder). Aber ja, mit solchen Schildern übertreiben sie es da wirklich nicht nur ein bißchen. Am Strand habe ich eins gesehen mit 17 ausführlichen Regeln drauf, inklusive noch einiger detaillierter Unterpunkte, einfach nur krank, aber die Hong Konger scheinen sich da größtenteils dran zu halten und mit wohl zu fühlen, so kann mensch gerade von den älteren BewohnerInnen schon mal etwas ruppig angemacht werden, wenn mensch gerade dort qualmt, wo es eben verboten oder nicht gerne gesehen ist.

Mensch kommt sich insgesamt wirklich vor wie in einer Art Blade Runner Videospiel, wo hinter jede Ecke die nächste Überraschung lauern kann, auch wenn mensch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, zu denen nicht nur die überall blitzblanke und hochmoderne Metro gehört, sondern auch hunderte von Bussen und eine sehr niedliche und uralte Tram-Linie einmal quer durchs Zentrum gehört. Ist so schon alles sehr spannend, faszinierend und aufregend, aber mit zumindest zwei aufgeweckten Jungs im besten Alter, die ihre Eltern immer auf Trap halten, durchaus noch aufregender.

Die niedlichen Trams waren das erste öffentliche Verkehrsmittel Hong Kong`s und daß sie in den engen Kurven nicht umkippen, dürfte an ihrem Gewicht liegen. Massiv Stahl und innen mit Holz verkleidet, einfach schnuckelig und so gar nicht ins Stadtbild passend…

Am ersten Abend waren die Jungs allerdings nicht mit, denn Alex und Lucas hatten extra für mich geguckt, ob es nicht irgendwiewo ein Punk-/Rockkonzert geben würde, und sie selbst hatten auch mal wieder Bock auf Ausgehen, weil sie das seit Hugos Geburt noch nicht einmal gemacht hatten, und davor war eben auch Corona. Wir landeten dann im Aftermath, wo drei Bands spielen sollten, und direkt beim Reingehen fragt mensch sich, warum überall noch Maskenpflicht herrscht, wenn hier dicht gedrängt Leute in einem kleinen Keller-Club miteinander fröhlich sind. Man fühlte sich wirklich direkt wie auf St.Pauli, was mal ein sehr schöner Einstieg nach Hong Kong war. Die erste Band, das Rock-Trio Pumpkin Bob, gefiel mir persönlich am besten, zum Glück hatten sie noch keine Platte rausgebracht, sonst hätte ich die für den Rest der Reise mit mir rumschleppen müssen.

Pumpkin Bob rockt das Haus… Hab` mir später noch das Shirt von denen gekauft, was sich als zu klein rausstellte, konnte ich also gleich in Hong Kong lassen. Scheiß Suff immer…

Die zweite Band bestand aus drei Bilderbuch-Engländern meines Alters oder älter, die alte englische Punk-Klassiker ihrer Jugend coverten, bei denen natürlich viele bekannte Hits dabei waren, definitiv auch ein Hauptgewinn die Jungs! Pumpkin zum Schluß (irgendwie war wohl Kürbisnacht) waren dann quasi die Local-Heroes und die machten hauptsächlich so Limp Bizkit-mäßiges Zeug, von denen sie auch was coverten, wie Lucas mir verraten konnte. Fand ich jetzt nicht ganz so spannend, aber das Publikum hat es schwer abgefeiert und die Stimmung war super, der kleine Laden brodelte regelrecht und wir inzwischen auch schon ganz schön. Wie gesagt, das war ein wirklich schöner und gelungener erster Abend mit den beiden, so durfte es gerne weitergehen.

Pumpkin sind die Beatles der Alternativszene von Hong Hong…
Nachtleben fast wie zu Hause auffe Reeperbahn…

Den Sonntag nach meiner Ankunft haben wir erstmal ganz gechillt an einer schönen Strandbucht verbracht, von denen einige in 15-minütigen Taxifahrten (im Vergleich zu Deutschland recht billig) von Southern Horizons zu erreichen sind. Und das ist auch der Hauptgrund, warum sich Alex und Lucas so in die Stadt verliebt haben, nachdem sie nach neun eigentlich schönen Jahren wie viele Ausländer vor den Corona-Maßnahmen in Shanghai, aber auch wegen eines besseren Job-Angebotes, welches vor allem aus weniger Arbeit für Lucas besteht, erst etwas zögerlich dorthin gezogen sind. Aber ja, mensch kann in Hong Kong wirklich sehr schnell und einfach den metropolischen Eigenschaften der Stadt entfliehen und Zeit in der Natur und am Meer verbringen, ziemlicher Hauptgewinn würde ich sagen, gerade eben mit Kindern.

Jedenfalls trafen wir uns dort am Strand mit Jörg, ursprünglich aus Bielefeld, der für BASF arbeitet, seiner koreanischen Frau und Sohn Noah, dem besten Freund von Timothée. Die Familie zieht aber bald nach Indonesien und danach wohl nach Singapur, was so wohl beweist, daß Asien Möglichkeiten bietet, aber auch, daß die Westler, um nicht nur Europäer zu sagen, dort auch zusammenhalten, denn die drei sind schon ein ganz anderer Schlag Mensch als wir. Mit uns haben ebenso viele Einheimische und Gastarbeiter von den Philippinen am Wochenende lecker BBQ gemacht und am Strand gehchillt.

Und von wegen Gastarbeiter und ‚andere Länder andere Sitten‘, da vielleicht kurz noch zu der irgendwie tragischen Geschichten von Nanny Mirasol, denn die wurde mit 14 mit einem 30-Jahre älteren Mann verheiratet, hat dementsprechend zwei halbwegs erwachsene Söhne und arbeitet, wie viele ihrer Landsleute schon seit Jahren in China/Hong Kong, um die Familie zu Hause zu ernähren. Aber Alex und Lucas behandeln sie wirklich wie ein Teil der Familie, was so natürlich nicht überall der Fall ist, denn andere Europäer und vor allem Chinesen – und wie überall gerade natürlich die Reichen – sind ja nicht immer so sozial eingestellt. Jedenfalls ist die Gute eine wirklich große und wichtige sowie sehr liebe Hilfe für die Familie, und verdammt sexy ist sie auch noch.

So ein Bild gehört natürlich in jedes Männer-Kinderzimmer…

Ich hab übrigens immer etwas länger geschlafen und dann Computerarbeit gemacht, bis Lucas von der Arbeit gekommen ist, denn ja, Schreiben und Bloggen tut sich nicht von alleine und diverse Sachen für Gegenwart und Zukunft müssen nun mal geregelt sein und werden, selbst im Urlaub. Erzählte ich das schon mit dem möglichst bald viel Geld verdienen, um Steuern abzubezahlen? Ach egal, noch ist Urlaub… Lucas hatte mir jedenfalls zwei Wochen vorher eine etwas veraltete Spotmap von 2016 geschickt, wo ich mir ein paar Sachen rauspickte, um ihnen eventuell einen Besuch abzustatten. Nicht zu erwähnen, daß die natürlich nur “das Beste“ und einen minimalen Teil der Spots zeigte, vor allem , wenn mensch bedenkt, was seitdem noch alles dazugekommen ist, denn die Stadt wächst – bzw. gedeiht muß mensch eher sagen – natürlich weiterhin turbulent. So wird zum Beispiel gerade erst die neue Waterfront Downtown, die noch einige eher ruppige Hafenecken hat, zu einer Endlos-Promenade umgebaut, da wird also noch einiges gehen…

Allerdings muß mensch natürlich dazu sagen, daß fast alle Spots logischerweise gerade tagsüber absolut überlaufen sind und vielfach auch mit ambitionierter Security besetzt, die einem schnell einen Strich durch die Rechnung macht. Streetskaten ist wie fast überall in Asien also auch in Hong Kong eher was für abends, um nicht zu sagen die Nacht, aber es gibt auch einige Skateparks. Und da Lucas Familien- aber auch Knie-Terror-bedingt nicht mehr ganz so oft aufs Board kommt, weil er seinen Vaterpflichten auch absolut gerecht nachkommt, alleine schon um Alex, die übrigens auch ganz hervorragend kochen und auf Ernährung achten kann, ein bißchen zu entlasten und ihr ab und zu mal ein bißchen Freiraum zu verschaffen, wollten wir die zuerst auschecken.

Den Anfang machten wir dann am Montag, passenderweise Lucas` 44. Geburtstag, bei dem ältesten von allen, Morrison Hill (keine Ahnung, warum die Bilder dazu unscharf geworden sind, das Film-Footy leider auch), den man eigentlich aus bekannten Videos kennen sollte. Und ich hatte, als ich Footage davon gesehen hab`, auch immer gedacht, es handle sich dabei eher um einen mysteriösen Parkanlage, die zufällig perfekt zum Skaten ist, aber nein, es ist in der Tat ein Skate- und Cycle-Park, der so gesehen insgesamt dann doch eher verpuscht ist, zumindest für ersteres, aber extrem einzigartig nichtsdestotrotz. Ich will allerdings auch gar nicht wissen, was der seinerzeit gekostet hat mit all den gebogenen Aluminiumrohren drumherum, die dem Normalskater dann wiederum zu hoch sind. Aber daß Pros daran ihren Spaß haben, kann mensch deutlich an den Abnutzungsspuren sehen. Lucas freute sich auf jeden Fall, an seinem Geburtstag endlich mal wieder richtig geskatet zu sein, 4orty 4our, Digga!

Abends sind wir dann ecke Victoria Park schön traditionell und billig chinesisch Essen gegangen, denn es gibt natürlich in der Stadt, gerade auch außerhalb von Downtown überall noch sehr urtümliche Stadtteile, die sehr an ‚Mainland China‘, wie es dort eben genannt wird, erinnern. Und da Alex dann ein spezielles Halstuch dort vergessen hatte und weil es auch so extrem lecker war, sind wir da am nächsten Tag direkt nochmal hin!

Da hatten wir uns nämlich tagsüber die Haupt-Touristenattraktion gegeben und sind mit der Peak-Tram, also einer Drahtseilbahn, die teilweise wirklich im 45° Grad-Winkeln den höchsten Berg hoch rattert, eben zum Peak, bekanntlich englisch für Gipfel. Und daß mensch dort einen einfach unglaublichen Ausblick auf diese einzigartige Stadt hat, brauche ich wohl nicht zu erläutern, gerade wenn mensch zur Dämmerung kommt und somit den Sonnenuntergang sowie die Stadt im Hellen als auch im Dunkeln bestaunen kann.

Wie der Zuckerberg in Rio ein absoluter Pflichtstop für jeden Touristen und ich hatte, als ich so da alleine an der Reling stand mit einem La Goudale an den Lippen, ein sehr gutes Bier aus einem kleinen Ort in Nordfrankreich, nämlich Sankt Sylvestre de Cappel, wo ich mal mit Mikey und den Jungs einen Skatepark gebaut habe – erzählt mir bitte, warum es genau dieses Bier dort oben in einem der vielen Shops zu kaufen gibt! – ja, da hatte ich bei all den Ausblicken tatsächlich eine Weile Tränen in den Augen, weil ich so froh und dankbar war, eben diesen Abstecher nach Hong Kong gemacht zu haben und für mein ganzes Leben generell. Ach ja, das kann nämlich so schön und aufregend sein, wenn mensch sich denn drauf einläßt…

Am Mittwoch sind wir dann recht spät los und zum Lai Chi Kok Park gefahren, einem recht neuen und sehr Street League-mäßig Betonskatepark inklusive Bowl, der aber prompt und dummerweise ab dem 1. März bis zum 10. wegen meiner Einschätzung nach recht unnötigen Renovierungsarbeiten gesperrt war. Das tat Lucas aber leiderer (kann mensch das so sagen?) als mir, ich konzentriere mich ja gerade heutzutage eh eher aufs Streetskaten.

 

Deswegen ging es auch nach ein paar Bierchen im Park, wo Lucas, der eh sabbeln kann wie kein zweiter – Timothée kommt diesbezüglich ganz nach ihm – auf jeden Fall auch Redebedarf hatte, was mal einen richtigen Austausch mit einem deutschen Freund und Gleichgesinnten angeht, auch noch auf eine Street-Mission. So hatte ich nämlich schon am Sonntag aus`m Bus eine krustige Bank mit Treppen-Channel an der Metro Station Ocean Park entdeckt, die vor allem aufgrund der großen Spalten davor absolut ungeskatet aussah und nach einem Bs Ollie über die Treppen schrie…

Aber wie das dann immer so ist, wenn man einen Spot aus dem Auto/Bus gesehen hat, wenn mensch dann davor steht, entpuppt sich das Ganze doch eher als echte Herausforderung, die Spalte mußte ich mit kleinen Zweigen ein bißchen zu stopfen, wie ich es in Vientiane bei einem Spot schon mal mit Sand gemacht hatte, und nach den ersten Versuchen dachte ich auch schnell, das wird wohl eher nichts. Aber mensch muß sich an sowas (gerade wenn es von Null auf Hundert geht ohne jegliches Warmfahren) halt erstmal ein bißchen einlassen. Und als ich dat Dingen dann nach gut 25 Versuchen zu meiner eigenen Überraschung tatsächlich eintüten konnte feierte das Lucas ohne Frage mehr als ich. Dummerweise schlich sich aber vorher leider nochmal so ein Spagat-Slam ein, wie ich ihn eine Woche vorher schon in Pakse hatte erleiden müssen, und das gab meiner Zerrung im linken Oberschenkel dann den Rest. So gesehen wird es im dazugehörigen Videoclip nicht nur ein paar schöne Tricks geben, sondern auch wieder lecker Slams, ich kann es halt einfach nicht lassen…

Erschöpft und hart angeschlagen, aber glücklich und Spot geklärt…

Dafür war ich dann aber auch am Donnerstag voll im Arsch und schon ein bißchen in Sorge, denn ich wollte am Wochenende ja noch mit Alan auf (Downtown-)Streetmission. Wir fuhren dann trotzdem zum Velodrome Skatepark, der mit zwei großen Bowls und insgesamt wesentlich Flow-Lastiger gebaut ist, weil Lukas Bock auf Trannies hatte. Der tiefe Pool mit 3,30m Deep-End war leider gesperrt, schade, konnten wir uns gar nicht drin austoben, aber ich hatte tatsächlich eh schon richtig Schmerzen alleine beim Ollies machen, an Flips und Ähnliches gar nicht zu denken, richtig Kacka.

Schnell rotes Tigerbalsam besorgt und durchgehend volle Balsamierung, das sollte sich wie immer auszahlen, am Freitag fühlte sich das alles schon deutlich besser an. Ich nutzte den Tag zum Regenerieren und nochmal zum 8Five2 Skateshop fahren, wo ich mich am Vortag in ein Cap verguckt hatte, welches ein perfektes Souvenir abgeben würde, ich kaufe mir diesbezüglich auf jeder Reise ja fast ausschließlich immer Shirts und Caps, weil die kann mensch halt auch zu Hause jeden Tag gebrauchen und sich dementsprechend dran erfreuen (einen leichten Klamottenfimmel habe ich allerdings auch).

Aber ja, 8Five2 ist halt DER Skateshop in Hong Kong und wurde seinerzeit von einem OG-Skater gegründet, und die haben halt drei Mützen im Angebot, wo hinten das Shop-Logo drauf gestickt ist und auf der einen ‚Natas‘, auf der anderen ‚Carrol‘ und auf der dritten ‚Stranger‘ steht, letztere schön mit Orange auf Schwarz, einer meiner liebsten Farbkombos. Also drei OG-Street-Heads und Anti-Hero Julien Stranger war nun mal schon immer einer meiner absoluten Lieblingsskater und Charaktere in der Pro-Szene, und wie geil ist ein Cap, auf dem vorne groß ‚Stranger‘ steht, denn bitte!? Ja, mußte ich haben, auch wenn ich zu Hause schon mindestens 70 saucoole Mützen hängen habe, aber ich trage nun mal auch schon seit über 35 Jahren jeden Tag (m)eine Schirmmütze(n), da darf es ein bißchen Abwechslung ruhig sein. Und für die meisten davon habe ich auch nicht mehr als fünf oder zehn Euro ausgegeben, außer für diese hier, aber 20,- Euro kann ich für so ein geiles Andenken dann auch absolut verkraften.

Ich bin danach dann einmal sofern möglich unter bezaubernden Skyline-Panoramen an der Waterfront von Causeway Bay zum westlichsten Stadtteil von Hong Kong Island, Kennedy Town geskatet, wo Freitagsabends immer an der Promenade ein paar Rails und Curbs zum gemeinsamen Sessionieren aufgebaut werden.

Dort bestätigte sich dann nochmal das, was mir schon am Tag vorher im Skatepark aufgefallen war, nämlich daß es in Hong Kong und China generell wohl reichlich skatende Mädels gibt, die teilweise ganz gut und immer voll ambitioniert abgehen. Hauptsächlich zwar noch eher im Teenager-Alter, aber was die Geschlechterverteilung angeht Europa um Längen voraus, am Tag vorher im Skatepark war das Verhältnis zeitweise wirklich 50/50 gewesen! Was mir allerdings auch aufgefallen ist, denn ich war immer noch nicht richtig fit, wollte mich fürs Wochenende schonen und hab` dementsprechend die meiste Zeit Bier- und Schnaps trinkenderweise zugeguckt, ist, daß es bei viel Skateboard-Nachwuchs heutzutage vor allem auch ums Abstylen geht, also wirklich haste so noch nicht gesehen.

Da waren z.B. so zwei Dudes, die versuchten, etliche Male mit dem Smartphone eine Line zu filmen, die aus einem 20cm hohen Ollie im Flat bestand (als erster Trick!) und dann Bs 180° und Half Cab. Und ich will wirklich nicht ständig urteilen und motzen, aber im Ernst, Jungs, wollt ihr nicht erstmal noch ein bißchen üben, bevor ihr zur Kamera greift, gerade wenn mensch immer sieht, wie echtes Skateboarding heutzutage so aussieht und abläuft!? Ich mein`, mit sowas hätten wir uns vor 35 Jahren, als wir unsere ersten Videos gefilmt haben, schon nicht zufrieden gegeben, 2023 ist das dann in Ordnung, oder was!? Ollie (nicht mal schön!), im Flat als ersten Trick einer Line!? Ich bitte euch!…

Und während ich das so dachte, mußte ich an ein Gespräch mit Dieter in Vientiane denken, wo er meinte, er versuche, nicht mehr zu urteilen und andere einfach ihr Ding machen zu lassen. Da sollte ich mich vielleicht auch öfter mal und mehr dran halten, aber dann kam mir sogleich einer meiner Lieblingssänger, Lee Hollis, und der Hit von den Spermbirds in den Sinn, ‚(If you got somethingto say) Say it loud, say it loud, say it loud’…

Naja, ich traf dann da noch Erik, einen noch recht jungen Ami, den Lukas schon aus Shanghai kannte und der auch von dort nach Hong Kong geflohen war, aber irgendwie sprang der Funke zwischen uns nicht über, so daß mein Abend nicht im durchaus vorhandenen und reizvollen Nightlife endete und ich gegen Mitternacht nach Hause fuhr. Alex und Lucas waren mit den Kids auf`m Festival “versackt“ (d.h. sie hatten länger für alles gebraucht als geplant, weil das Gelände wohl auch sehr familiengerecht gestaltet war), und ich traf Lucas dann des Nachts wie fast jedesmal beim der Entspannung und dem Gewinn dienenden Online-Poker-Zocken auf der heimischen Couch an. Gut gemacht mit dem verpaßten Nachtleben, weil ich am Samstag ja mit Alan skatemäßig Vollgas geben wollte.

Und das war natürlich ein fröhliches Wiedersehen Samstagmittag mit ihm, vor allem weil wir uns eben ganz simpel quasi vor der Haustür treffen konnten. Und apropos Southern Horizons Community, Alex hatte morgens gesehen, daß die kleine Pool-Dschungel-Landschaft zwischen den Blöcken von der Polizei abgesperrt gewesen war. Alan konnte mir dann erzählen, daß dort um 8.30 Uhr ein alter Mann ertrunken aufgefunden worden war, ganz offensichtlich war wohl Alkohol im Spiel gewesen. Denn die Pools da sind mal gerade einen halben Meter tief und ich hatte mich schon über die obligatorischen Warnschilder amüsiert von wegen, daß man sich von den Pools fernhalten soll, um Unfälle zu vermeiden. Aber darin zu ertrinken ist echt ein Kunststück, dumm gelaufen, alter Mann!

Wir checkten dann kurz ein bißchen Spots auf der Spotmap, haben uns nachmittags am Times Square (ja, hat Hong Kong auch) getroffen und sind dann mit der Fähre (yeah, nochmal geile Ausblicke) in den Stadtteil Kowloon auf dem Festland gefahren, wo wir unter der Woche schon mal kurz gewesen waren, um mir eine neue Digicam, einen neuen Akku für meinen Rechner sowie ein Stativ für meinen Camcorder besorgt zu besorgen. Meins war in Vientiane kaputt gegangen und ich hatte bis dato tatsächlich kein anständiges Neues auftreiben können (eins vom Night Market für umgerechet ca. 20,- Cent hatte ich in Rucksack gesteckt und beim Wiederrausholen war es schon kaputt), obwohl ich ja in Asien war und mir wirklich Mühe gegeben hatte. Auf jeden Fall mit allen drei Anschaffungen absolut ein Gewinn ans Lebensqualität, vor allem was Blog-, Büro- und Videoarbeit angeht!

Das heutige Kreuzfahrt-Terminal war früher die Start- und Landebahn des alten Flughafens, der wegen den Hochhäusern drumherum als der am schwersten anzufliegende der Welt galt…

Kowloon ist insgesamt so ein bißchen ursprünglicher und (noch) nicht so fancy wie Hong Kong Island, dunkler nennen es die Einheimischen, aber zumindest tagsüber nicht weniger belebt. Und ja, reichlich Spots, aber auch wegen der schon genannten Gründe selten einfach bis gar nicht richtig zu skaten, und ich war auch immer noch deutlich angeschlagen. Trotzdem verausgabte ich mich an einer Bank ziemlich und konnte trotz einer Stunde abkämpfen weder Bs Flip noch Blindside Flip Fakie eintüten, und das sind meine beiden Signature-Bank-Tricks. Aber die Anfahrt an einer frequentierten Bushaltestelle war einfach kacke und ich immer noch nicht voll einsatzfähig.

Braucht jemand einen Welpen? In China essen sie Hunde, aber doch wohl nicht solche niedlichen…

Und zu viel mehr außer ein bißchen Pseudo-Spot-Sightseeing kamen wir dann auch nicht, obwohl Alan`s App uns dann Ende verriet, daß wir über 20km gelaufen waren. Zählste dann noch zehn geskatete dazu plus meine Stunde extra harte Session und kannste dir vorstellen, daß ich abends echt fix und fertig war. Gerade auch weil Alan vor allem für seine Körpergröße einer der schnellsten Durch-die-Stadt-Geher ist, die ich bis jetzt kennengelernt habe, zu Hause wird mir gerne mal vorgeworfen, ich würde (zu) schnell gehen. Und Asiaten und -innen gehen in der Regel eigentlich eher langsam, was manchmal echt ein bißchen nerven kann, gerade wenn sie denn noch dabei auf ihre Phones glotzen.

Wir wollten dann noch an der Technischen Iniversität ein paar vielversprechende Spots checken, denn für Alan, der 20 Jahre auswärts gewohnt hat, hatte sich die Stadt natürlich auch extrem verändert. Und ja, so hatte sich die Uni nach den zum Teil sehr krassen Protesten von 2019 in eine Art militärischer Festung verwandelt und Alan erklärte mir dann nochmal die ganze Situation als Einheimischer und nicht als deutsche Presse: Als Hong Kong 1997 von den Briten zurück an China gegeben wurde, einigten sich beide Nationen darauf, daß Hong Kong unter China`s Kontrolle ein eigener Stadtstaat bleiben solle mit eben mehr Rechten und Möglichkeiten als im Rest von China. Aber wie das Mutterland dort nun mal so ist und zu sein pflegt, nämlich sehr bis durchweg autoritär, wurden diese Rechte der Stadt nach und nach und eins nach dem anderen genommen, wogegen es die ganze Zeit schon Proteste gab, die von 2019 waren dann nur das überlaufende Faß und verliefen selbst uns bekannterweise nicht ganz unglimpflich ab. Und verantwortlich dafür waren wie zumeist, wenn auch nicht immer in der Geschichte bei solchen Angelegenheiten, die jungen, gebildeten Menschen aka StudentenInnen, ach nee, Studierende muß mensch ja heutzutage sagen, wenn mensch nicht von PC-Nazis auf die Fresse bekommen will.

Tja, das traurige Ende der Geschichte ist dann bis dato, daß die Proteste von China beendet und quasi zerquetscht wurden, und jetzt alles noch schlimmer ist als vorher, was mensch ganz einfach an der Uni, die mensch als Außernstehender nicht mehr so einfach betreten kann, sowie an Kilometern von neuen Zäunen verdeutlicht bekommt. Jaja, China ist echt nicht ganz ohne, ebenso wie die Chinesen und -innen, sagen wir mal so, es gibt wirklich freundlichere und wesentlich sozialere Völker und Kulturen auf diesem Planeten, das ist auch damals in Shanghai schnell deutlich geworden. Alex, die immerhin schon seit über zehn Jahren in China lebt, hatte mir bei einem Gespräch gesagt, sie habe das Gefühl, der Großteil der Chinesen sei einfach dumm, ja, könnte auch was dran sein. Wie auch immer, es war jedenfalls trotzdem ein schöner Tag, weil ich einfach nochmal viel von dieser krassen Stadt zu sehen bekommen habe und mit Alan eine gute Zeit hatte.

Und apropos, Mensch, das hatte ich noch gar nicht erzählt, aber jaaa, am 1. März durfte ich mit Zeuge davon werden, wie nach fast drei Jahren ziemlich rigoros durchgesetzter Maskenpflicht eben diese aufgehoben wurde, China war natürlich auch in Corona-Zeiten um einiges restriktiver als der Rest der Welt. Das war natürlich super spannend, eben Zeuge davon werden zu dürfen, und wie von Alex, Lucas und mir erwartet, trug der Großteil, also ich würde mal sagen so um die 90%, der einheimischen Chinesen natürlich auch weiterhin brav eine Maske, die Asiaten sind, was Masken angeht, generell ja ein bißchen liberaler oder fleißiger. Aber ja, das war irgendwie schon traurig zu sehen, wir und mit uns alle anderen Westler/Europäer erfreuten uns der neuen/alten Freiheit und die machten einfach weiter, als wenn sie voll Bock darauf hätten, den Rest ihres Lebens mit Masken rumzulaufen. Und wahrscheinlich bilde ich es mir nur ein, aber die ChinesenInnen, die ebenfalls von nun an drauf verzichten, hatten irgendwie etwas sehr Selbstbewußtes in ihren Gesichtszügen, ich bin ja Menschenbeobachter, sonst hätte ich auch nicht so eine gute Menschenkenntnis…

Egal, Alan und ich sparten uns auch am Samstag großartige Nightlife-Eskapaden – Lucas war aufgrund des Festivals natürlich eh raus – denn Sonntag sollte ja auch schon mein letzter Tag in Hong Kong sein und skate- und Footage-mäßig war das bis dato alles andere als befriedigend gewesen, allerdings einer der Hauptgründe, überhaupt dorthin zu fliegen, wenn mensch mal von dem fälligen Freundschaftsbesuch absieht. Da ich Montag früh bereits um 8.25 Uhr morgens wieder nach Ho Ghi Minh City, um nicht Saigon zu sagen, fliegen sollte, war der Plan für Sonntag dann folgender und wurde auch so durchgezogen: Ausschlafen, meine sieben Sachen packen, ordentlich Yoga machen und dann (mit Alan) die Scheiße rippen und die restliche Nacht am Flughafen verbringen.

Vorher aber noch kurz einen letzten Familien-Abstecher in den Stadtteil Stanley, auch nur 15-Taximinuten entfernt, und da denkst du dann auf einmal, du bist in Portugal oder sonst irgendwo am Mittelmeer. Also ein sehr europäischer oder eben mediterraner Touch mit zwei super Stränden und einem netten Markt, wo es viel Scheiß, aber auch sehr viel geile Kunst zu kaufen gab. Ich hab` mir jedenfalls ein super Batik-Longsleeve für nicht mal zwei Euro gekauft sowie ein tolles Bild, welches sich wenn nicht in meiner Hütte dann noch besser in Olgas Kuschelland machen wird (Überraschung, Süße!).

Ich skatete dann schnell noch eine kleine steile Bank in Southern Horizons, die ich ein paar Tage vorher auf der Suche nach der örtlichen Postfiliale zufällig entdeckt hatte, ich bin nämlich so oldschool und liebenswert, ich verschicke tatsächlich sogar noch geschriebene Postkarten von meinen Trips an liebe Menschen und Familie in die Heimat (hallohallo, sind die denn schon angekommen? Also die aus Nha Tranh zumindest?). Mit einem kleinen aber feinen Tailslide hatte ich dann Trick Nr.1, danach kletterte ich ein Stück weiter noch über eine Mauer und begab mich ins sprichwörtliche Niemandsland, wo sich vermutlich noch nicht besonders viele Einheimische rumgetummelt haben, von Skatern ganz zu schweigen, um mich an einem Acid Drop des Todes zu versuchen.

Der befand sich an einer Art Abwasserkanal, denn viele Berghänge sind natürlich mit Spritzbeton befestigt und modifiziert, um in der Regenzeit die Wassermassen kontrollieren zu können. So eine Art Ditch wollte ich dann runter und der Acid Drop ganz oben wäre gar nicht so schlimm gewesen, dann aber auf dem Board bleiben war die Herausforderung, denn man wird sofort echt schnell und alles ist extra ruppig und mit Löchern übersät. Das wäre ein echt toller Ender für meinen Part gewesen, aber ich hab` dann lieber irgendwann abgebrochen, weil mir das zu gefährlich wurde, das hätte ja noch gefehlt, da irgendwie voll einzuschlagen einen Tag vor Abflug und dann vor Ort zu verrotten, und gestunken hat es da auch ziemlich heftig. Klitschnaß geschwitzt vom Adrenalin war ich dann aber trotzdem…

Acid Drop des Todes…

Dann schnell was essen, nach Hause, duschen und mich von Mirasol und den Boys verabschieden – Alex und Lucas hatten somit quasi seit Ewigkeiten mal einen Nachmittag/Abend Freigang und konnten ordentlich The Wu abfeiern. Danach in die Stadt zu den Wan Chai Vulcanos, für die ich am Vorband nach unserer (Tor)Tour einfach zu fertig war, und dort und an ein paar anderen ausgewählten Spots mein Glück versuchen. Und jenes hatte ich dann auch bzw. vielleicht auch einfach ein bißchen Skills und einen guten Tag, denn es sollten an diesem Tag ganze sechs coole Tricks werden, die ich filmen konnte, damit hatte ich die diesbezüglich recht erfolglose Woche und vor allem den deprimierenden Vortag irgendwie wett gemacht, wie ich fand.

Es gibt halt immer wieder solche und solche Tage und nach der Pleite an der Bank am Tag davor hatte ich noch zu Alan gesagt, daß sich das wieder ausgleichen wird, meistens kriege ich tatsächlich, was ich will, kämpfe mir dafür aber auch oftmals echt einen ab, wie es andere nicht tun würden, weil sie nicht ganz so bekloppt sind wie ich. Geil war dann noch an dem einem Spot in der Nähe vom Skateshop, wo wir zufällig den Dude trafen, der mir zwei Tage vorher meine Mütze verkauft hatte. Der war allerdings so stoned (ganz gefährlich in Hong Kong!) und hatte nach eigener Aussage wohl auch 30 Stunden nicht geschlafen, daß er Schwierigkeiten hatte, Kickturns an der Bank zu machen, obwohl er normalerweise schwer abrippt, wie uns ein paar Clips bewiesen, die er uns auf seinem Phone zeigte.

Er war dann wohl auch recht beeindruckt, daß so ein alter Sack wie ich mal eben so einen Bomb Drop, wie ich ihn gemacht habe, aus der Hüfte zaubert und fragte mich dann zum zweiten Mal, woher ich komme, hatte er mir doch vorgestern gerade erst erzählt, daß einer unserer wenigen Vorzeige-Pros aus Deutschland, nämlich Denny Pham, zwei Wochen vorher in der Stadt gewesen war. Irgendwie fühlte ich mich kurz auch mal ganz professionell, gerade auch weil eine junge Chinesin, die zugeguckt hatte, mich fragte, ob ich irgendwelche Clips oder so im Internetz hätte, das wäre ja so cool, wie ich voll abskaten würde. Konnte ich natürlich mit Auffahren und sie war dann auch ganz hin und weg, voll toll, vielleicht habe ich ja jetzt eine Followerin mehr, und dann auch noch in Hong Kong! Alter Schwede, ähh, Angeliter…

Alan war dummerweise, kurz bevor wir uns an den Vulcanos getroffen haben, beim gehen auf der Straße im zuweilen recht ruppigen Stadtteil Wan Chai an einem Schlagloch umgeknickt und etwas angeschlagen, jaja, mensch sollte ja am besten auch nicht beim durch die Straßen gehen permanent immer auf sein Telefon glotzen, nä!? Aber er schlug sich ganz tapfer und sehr gastfreundlich und riß mit mir an diesem letzten Abend ab, was es abzureißen ging.

Wir wollten uns dann vor`m Eingang zum Festival, wo wir uns auf ein letztes Bier mit Alex und Lucas treffen wollten, auch noch ein bißchen Wu-Tang Clan geben und Alan, echter Fan und Hip Hop Head, bereute es ein wenig, daß er sich nicht ein Ticket wenigstens für den Sonntag besorgt hatte, denn zum Schluß haben sie natürlich die ganzen Klassiker rausgehauen, von denen sogar ich welche kannte. Viele verließen dagegen schon frühzeitig das Festivalgelände und mensch fragt sich, warum jemand Wu-Tang Klamotten anhat und sich dann nicht mal die Show bis zu Ende anguckt, das sind vermutlich die selben Menschen, die Thrasher Pullis tragen und noch nie das Magazin dazu in der Hand hatten.

Wu-Tang in da house…

Schon jedenfalls, daß Alan so auch nochmal kurz seine beiden Nachbarn kennenlernte, und wenn er und Lucas sich nicht zu blöde anstellen, habe sie beide jetzt einen neuen Skatebuddy, weil Lucas muß diesbezüglich auch ein bißchen gescheucht werden, glaube ich. Dann der große und sehr herzliche Abschied von meinen beiden Freunden, denen ich sowas von dankbar bin, daß ich dort eine Woche wohnen und diese gesamte Hong Kong -Erfahrung machen durfte. Sie wollen mich auf jeden Fall im Sommer besuchen kommen, wenn sie ihren alljährlichen und ausführlichen Heimaturlaub einlegen, den sie drei Jahre lang nicht einlegen konnten, weil raus aus China hätten sie gedurft, aber dann nicht wieder rein.

Mit Alan hatte ich dann noch eine letzte Mission, bevor ich mich mit dem Nachtbus auf zum Flughafen machen wollte, nämlich einen aalglatten Marmor-Doppel-Drop-in vor der Bank of China, wo ich wegen Security genau ein bis höchstens zwei Versuche haben würde, um das Ding zu klären. Als ich dann oben stand wurde mir sehr schnell klar, daß das einer der heftigsten Drop-ins meiner 35-jährigen Karriere werden würde und beim ersten Versuch konnte ich dann auch nicht die drei Stufen klären, die am unteren Ende nach dem Drop noch auf einen warten, weil ich wirklich unerwartet schnell war. Aber zack nochmal hoch und wie ein ganz Großer souverän ausgefahren dat Dingen, dann kamen auch schon zwei Securities und machten dem Treiben ein Ende. Allerdings hatte ich ja auch schon fertig und genau, was ich wollte, nämlich einen verdammt geilen Ender für meinen Videopart zum Trip! Voll geilo, ich konnte mich dann wirklich glücklich und stolz von Alan verabschieden, der sich im Sommer vermutlich auch wegen einer Hochzeit in Italien in Europa rumtreiben wird, würde mich sehr freuen, wenn ich ihm da dann auch mal ein guter Gastgeber sein könnte.

Ja, dann nochmal eine Dreiviertelstunde mit dem Bus zum “neuen“ Flughafen westlich außerhalb der Stadt gefahren, der wie vieles in Hong Kong auch eine Superlative für sich ist, um dort den Rest der Nacht totzuschlagen. Das ist in der Tat quasi ein ganzer Stadtteil und in dieser Form einer der größten Flughäfen der Welt, aber dabei so durchpoliert und gestylt, daß nicht mal der in Dubai mithalten kann. Da gibt es dann auch keine Standard-Souvenir-Shops, sondern Filialen von allen Edelmarken dieser Welt, die mensch sich nur vorstellen kann und von denen tatsächlich gerade nicht wenige versuchen, sich mit Skateboarding noch hipper zu machen. Und alles voll durchtechnisiert mit Gesichtserkennung und so Scheiß, also durchweg absolut nicht meins, ich will gar nicht den täglichen Stromverbrauch dieser rund um die Uhr voll beleuchteten Anlagen wissen, obwohl da des Nachts quasi Menschenleere herrscht, weil die Flieger erst morgens um Sieben anfangen zu fliegen.

Erst um die Uhrzeit gibt es dann leider auch sowas wie Essen oder Frühstück zu kaufen und ich hatte nach dem Tag mit dem dazugehörigen Skate-Fuel aka Bier wirklich einen Schweinehunger. Morgens durfte ich dann meine letzten Hong Kong Dollar in ein paar absolut unbefriedigende und voll überteuerte Sandwhiches investieren, ich war auch einer der wenigen wirklichen Backpacker dort. An den Check-in Schaltern gibt es teilweise mehr Schalter für Business Class als für Economy, Hong Kong eben, da regiert Geld die Welt und da verschlägt es scheinbar nicht allzu viele normale Touristen hin…

Auf diesem Ei-Sandwich soll irgendwo auch Ei sein…

Das vermutlich sehr gute Frühstück im Flieger von Cathay Pacific, eine der Vorzeige-Fluggesellschaften Asiens, habe ich dann leider verschlafen, auf dem nur zweieinhalbstündigen Hinflug hatte ich dort ganz ausgezeichnete Pasta serviert bekommen mit Eis(!) als Nachtisch, und zwar von Häägen Dazs in der Schokoladenvariante. Das erste Mal in meinem Leben, daß ich im Flugzeig Eis serviert bekommen habe, aber für so etwas sind solche Reisen ja nun mal da, um Dinge zum ersten Mal zu machen, zu erleben und/oder zu erfahren. Und ja, Mann, ich kann wirklich nur noch einmal betonen, wie froh ich war und bin, daß ich mir diesen Hong Kong Abstecher geleistet habe, ich denke, das dürfte in diesen Zeilen auch durchweg rübergekommen sein.

Fein, also wieder mal alles richtig gemacht, nächstes Mal geht es dann weiter mit neuen Erlebnissen, die ich in Saigon und Südvietnam sowie Kambodscha erleben durfte, wobei ich Kambodscha zeitmäßig eigentlich nur mal kurz von Ost nach West durchkreuzen kann, wenn ich dann noch anderthalb Wochen in Thailand verbringen will, was mich eindeutig ein bißchen mehr reizt, sorry Kambodscha! Aber nach Thailand wollte ich einfach schon immer mal, das Land hat irgendwie einen magischen Ruf (zumindest für mich) und soll ja skatemäßig auch ganz gut abgehen. Aber so weit sind wir ja jetzt noch nicht, erstmal Hong Kong richtig verarbeiten und -dauen, was ich mit meinen Blog-Einträgen für mich persönlich inzwischen ganz gut kann, auch wenn die Erfahrungen und Erinnerungen im Herzen natürlich immer wichtiger und wertvoller sind.

So gesehen hoffe ich, ihr hattet wieder etwas Spaß mit diesem Geschreibsel und den Bilders dazu und habt vielleicht sogar das ein oder andere dabei gelernt, was ihr so noch nicht wußtet, ich versuche das auch jeden Tag und das tut und ist gut. Ich kann nur sagen, solltet ihr jemals die Möglichkeit dazu haben, fliegt – oder noch besser fahrt von mir aus – auf jeden Fall mal nach Hong Kong, diese Stadt wird auch bei euch einen bleibenden Eindruck hinterlassen, dafür müßt ihr nicht mal geborenes und überzeugtes Landei sein so wie ich. Und dann seht bitte zu, daß es zu Hause mal ein bißchen wärmer wird, damit ich nicht komplett in Kältestarre verfalle, wenn ich dann bald wiederkomme, gell!?

Küßchen von der vordersten Front,
Arne

P.S.: Hatte ich mich letztes Mal an dieser Stelle doch noch über die Schreibfaulheit und/oder -unfähigkeit diverser junger Leute aufgeregt, habe ich jetzt das perfekte Bild dazu. So hat Lucas mir nämlich eins von seinen Boards geschenkt mit einer extrem coolen Graphik, die genau das versinnbildlicht: Smart phones, stupid people! Das ist eins von mehreren Boards, die Lucas, sein finnischer Freund Johani und ein paar andere Droogs damals in Shanghai unter dem Name PLSB Posse rausgebracht haben. Das dürfte damit eins der seltensten Boards in meiner Sammlung sein, aber es bekommt vor allem wegen der Graphik einen Ehrenplatz, fragt sich nur welchen, ich hab` ja gar keinen mehr für weitere Boards…

Und wenn ich schon dabei bin, immerhin hat sich einer von den besagten zwei Dutzend Leuten dann doch noch bei mir gemeldet und für die netten Worte im Blog bedankt, und zwar der jüngste von allen, nämlich Eli. Wenn auch nur zweizeilig und ohne Satzzeichen etc., aber so sind sie nun mal, die jungen Leute, gefreut habe ich mich trotzdem. In diesem Sinne, Leute, bleibt Freunde, es gibt nichts Besseres im Leben!

 

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