HO CHI MINH CITY WAR REMNANT MUSEUM

Guten Moin!

Ja, wie angedroht und -gekündigt hab` ich nach zwei Monaten extremst toller Reise durch Südostasien nichts Besseres zu tun, als ein paar- Tage nach meiner Rückkehr hier aus dem Hamburger Kuschelland schnellstmöglich noch diesen Fußnoten-Blog-Eintrag nachträglich hochzuladen, welcher meinen letzten, in dem ich mich ja recht deutlich zum Thema Krieg ausgelassen habe, nochmal auf äußerst schockierende Weise untermalen soll. Ich seh` zu, daß ich dann alsbald fröhlichere Worte und Bildern mit den letzten beiden Teilen der Reise, Kambodscha und Thailand, nach reiche. Leider muß ich mich hier zu Hause nun auch reichlich um Realität kümmern…

Jedenfalls will ich mich hier bei diesem Blog-Eintrag mit Worten kurzfassen und werde nach dieser kleinen Einleitung einfach den Großteil der Bilder, die ich in dem War Remnant Museum größtenteils von sehr beeindruckenden und beklemmenden Photos gemacht habe, kommentarlos hochladen, und zwar für mich der Einfachheit halber in genau der Reihenfolge, wie ich sie zu sehen bekommen bzw. photographiert habe. Und ich bin dabei wahrscheinlich die normale Route, wie sie ein Großteil der BesucherInnen dieses Museums durch die drei Stockwerke abschreiten dürften, gegangen, War Remnant Museum heißt übrigens soviel wie ‚Kriegsreliktemuseum‘.

Den Anfang macht dabei ein sehr gut erhaltener üppiger Fuhrpark mit allem an Maschinerie, mit dem die Amis im Land gewütet haben, zu Land, zu Luft und zu Wasser. Und direkt neben so einem Hubschrauber, Düsenjäger oder Panzer zu stehen, tut mensch ja nun mal auch nicht jeden Tag, aber wenn mensch dann bedenkt, was damit alles gemacht wurde und was die so gesehen und erlebt haben, weiß ich nicht, ob ich mich da unbedingt für ein Selfie vorstellen muß, wie es natürlich viele BesucherInnen machen. Am besten dann noch mit Maske, weil Selfies mit Maske ja nicht das Alleralbernste der Welt sind… Somit hakt mensch damit den praktischen Hardware-Teil quasi gleich als erstes ab und danach geht es ins Gebäude und an den “theoretischen“ Teil, der mit einer Art Tunnel draußen beginnt, in denen die Verfolgung und Folterlager im eigenen Land gezeigt werden.

Dazu muß ich sagen, daß ich natürlich nicht alle Texte und Aushänge komplett durchgelesen habe, aber trotzdem würde ich sagen, ist das Museum als Insgesamtes ein bißchen unübersichtlich, um nicht durcheinander zu sagen, aufgebaut, aber wer bin ich, das zu beurteilen!? Jedenfalls geht es so halbwegs in dieser Reihenfolge um die Zeit des französischen und indochineschen Krieges und die damit einhergehende Unterdrückung und Folter vor allem auch durch die eigenen Landsleute. Dann natürlich um den Amerikanischen Krieg, der von 1965 bis 1975 im Land wütete, und die unglaublichen Greultaten und Extremsituationen, die so einem Dschungelkrieg beiwohnen.

Eine Ausstellung beschäftigt sich dann mit den Demonstrationen, die weltweit für Viet Nam und gegen den Krieg abgehalten wurden, was wirklich wie zu erwarten sehr rührend ist, wenn man da zum Beispiel ein Photo von einer Demo in Aleppo, Syrien, zu sehen bekommt, was ja gut 40 Jahre später selber komplett dem Erdboden gleich gemacht wurde. Und wo wir bei Frieden und eventuellem Schließen dessen sind, ich glaube, mit das Berührendste und mich am meisten Fassendste waren die Photos von den Veteranen, die sich teilweise Jahrzehnte danach im Rentenalter in die Arme fallen. Wenn mensch diese Scheiße zusammen durchgemacht hat, ist es ganz egal auf welcher Seite das seinerzeit war, wichtig ist vielmehr: ‚Hurra, wir leben noch!‘. Fragt mensch sich nur, warum mensch sich vorher überhaupt auf die Fresse gehauen hat, aber das wissen ja meistens nicht mal die Könige, geschweige denn die Bauern…

Eine weitere Abteilung beschäftigt sich dann ausführlich mit den in den Kriegen gefallenen ReporternInnen und PhotographenInnen, wahre HeldenInnen, die mit ihren geschossenen(!) Bildern so ein Museum ja überhaupt erst möglich machen und in ständiger Lebensgefahr an der Front ihren Job gemacht haben. Ein paar dieser Bilder hat mensch dann vielleicht sogar schon mal vorher irgendwo gesehen, weil sie es zu trauriger weltweiter Berühmtheit gebracht haben. Sind wir wieder bei der Authensität, die Photos, gerade aus Krisen- und Kriegsgebieten, in der Regel so mit sich bringen.

Außerdem gibt es dann natürlich eine sehr gut ausgestattete Waffenkammer, wo mensch sämtliche Waffen, die mensch aus den einschlägigen Filmen so kennt, in echt zu Gesicht bekommt. Trotz aller Rebellion in mir drin war ich selbst nie ein Fan von echten Waffen. Ich hatte es mir auch gespart, am Schießstand im Cu Chi Dorf, wo mensch für 1,- Dollar mal einen Schuß abfeuern darf (für hundert plus natürlich auch mal die MG!), eben dieses zu tun. Das wäre eine weitere von vielen kleinen persönlichen Weltprämieren auf dieser Reise gewesen, mit einer echten Waffe zu schießen. Das ist aber eine Erfahrung, auf die ich durchaus auch verzichten kann, denn ich und Waffen passen irgendwie nicht zusammen. Und beim Betrachten dieser Mordmaschinerie sollte dann auch nie vergessen werden, daß es seinerzeit diese schweren Geschütze mitsamt Munition alltäglich durch den Dschungel zu tragen ging bei 35° Grad und so, schön extra schwül.

Am absolut erschütterndsten ist allerdings ohne Frage die ausführliche Ausstellung im zweiten Stock über die Opfer und Folgen der Chemiewaffen, allen voran des Entlaubungsgiftes Agent Orange, um den Genitiv nicht ganz aussterben zu lassen, wie so vieles andere. Die Nachfolgen durch genetische Mißbildungen oder Verstümmelungen von diesen Chemie-Angriffen ziehen sich nämlich bis heute in die vierte Generation hin und mensch begegnet ihnen auch hier und da auf den Straßen Viet Nams. Das ist wirklich nichts für Zartbesaitete, denn das sind Menschen, die sehen zum Teil aus wie Monster von einem anderen Stern, wirklich einfach nur noch schockierend und abstoßend. Krieg ist ja eh schon scheiße, aber wie können Menschen anderen Menschen und der Natur, in der sie leben, so etwas antun? Und wie kann ein Mensch so mißgebildet überhaupt noch den Willen haben, weiterleben zu wollen? Das ist wirklich absolut eindrucksvoll, respekteinflößend, aber vor allem durchweg herzzerreißend, du stehst einfach davor und heulst das Museum voll…

Und nun ratet mal, wo die Amis damals das ganze Agent Orange gekauft haben, mit dem sie Viet Nam und dessen Bevölkerung großflächig zerstörten? Richtig, in Deutschland natürlich, wir waren ja schon immer ganz groß in Chemie und haben seit jeher an jedem guten Krieg ordentlich mit verdient und tun das auch heute noch, das wird nur leider immer wieder gerne vergessen in unserer schönen fortschrittlichen Republik. Deswegen will und muß ich euch das hier ja jetzt auch nochmal mit diesem Blog-Eintrag schonungslos in Erinnerung rufen! Deutschland muß sterben, damit wir leben können…

Wegen meines gebannten Auseinandersetzens mit der Materie und dem Photographieren von Bildern – was wegen der verschiedenen Beleuchtung nicht immer ganz einfach war, wie an den Bildern zu sehen sein sollte – schaffte ich dann leider auch nicht die zweite Hälfte des dritten letzten Stockwerkes, was ich trotz innerlichen Schockzustandes natürlich sehr schade fand. Aber das Museum schließt nun mal schon um halb Sechs und ich war dann auch einer der letzten, die schwer betroffen nach draußen taumelten.

Mehr will ich dann jetzt auch gar nicht mehr dazu sagen, ich hab` ja im letzten Blog-Eintrag schon reichlich Worte über Krieg verloren, und diese Bilder sagen sowieso mehr als alle Worte. Denn solche Momentaufnahmen gibt es nur, wenn Krieg ist, und irgendwo ist immer gerade Krieg, diese Erfahrung ist nicht neu, aber ich will sie nochmal mit euch teilen. Es ist somit jetzt Zeit für ein paar ausgedehnte Schweigeminuten und ich kann zum Schluß vielleicht nur lapidar sagen, habt euch einfach alle lieb, alles andere ist doch scheiße!

Peace,
Arne

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert